„This isn’t a comedy, it’s a horror film. People live, people die and you better start running!“ – Ghostface is back!
Beim Film sind aller guten Dinge nur so lange drei, bis das Gesetz der Fortsetzung nach einem vierten Teil verlangt. Bei Wes Cravens längst zum modernen Klassiker gereiftem Slasher-Revival „Scream“ brauchte es dazu allerdings volle 11 Jahre. Eigentlich als Trilogie angelegt, schien der Stoff mit dem enttäuschenden dritten Part bereits ausreichend abgehandelt. Aber Autor Kevin Williamson („Dawsons Creek“), der bereits das Original sowie die erste Fortsetzung geschrieben hatte, wollte sich damit offenbar nicht begnügen. Allerdings brauchte nicht allein der Entwurf einer überzeugenden Story seine Zeit, sondern auch die neuerliche Gewinnung von Regisseur Craven sowie den Hauptdarstellern Neve Campbell, Courteney Cox und David Arquette.
Die Erwartungshaltung gegenüber „Scream 4“ (oder auch „Scre4m“) schien im Vorfeld eher verhalten. Zu schwer wog die Frage, ob es Williamson tatsächlich noch einmal gelingen würde, der Geschichte um den (oder die) Killer mit der Munch-inspirierten Geistermaske neue Facetten – oder im Sinne des Genres banaler ausgedrückt frisches Blut – abtrotzen zu können. Nicht wenige Zweifler indes sollten sich auf eine faustdicke Überraschung gefasst machen, war mit einer derartigen Leichtfüßigkeit doch kaum mehr zu rechnen. Denn Williamson jongliert einmal mehr derart gekonnt mit Klischees und Querverweisen, dass der recht konventionelle Plot problemlos aufgewogen wird. Den Rest besorgen die liebgewonnenen Figuren und kompetent kalkulierte Schockmomente.
Das wohl größte Ausrufezeichen setzt Williamson mit dem furiosen Startpunkt. In einer irrwitzigen Film-im-Film-im-Film-Einleitung wird das Wesen x-facher Horrorsequels (die von den Woodsboro-Morden einst inspirierte Filmreihe „Stab“ bringt es dabei bereits auf sieben Teile) diskutiert und eine Breitseite gegen Torture-Porn der Machart „Saw“ abgefeuert. Illustre Beihilfe leisten dazu die TV-Heroinen Anna Paquin („True Blood“) und Kristen Bell („Veronica Mars“). Nachdem der Einstieg in die eigentliche Handlung aber letztlich doch vollzogen wurde, dürfen sich bewährte und neue Protagonisten auf der Meta-Ebene über Rollenbilder und Vorhersehbarkeiten auslassen, bis das bissige Finale mit schwarzem Humor gegen die Macht der neuen Medien wettert.
15 Jahre sind seit den Geschehnissen des ersten Films vergangen. Um ihr Selbsthilfebuch zu promoten, kehrt Sidney Prescott (Campbell) in ihre Heimatstadt zurück. Der leicht schusselige Ex-Deputy Dewey Riley (diesmal ohne Behinderung: Arquette), mittlerweile mit der einstigen Erfolgsreporterin Gale Weathers (Cox) verheiratet, hat es bis zum Sheriff gebracht. Als kurz nach Sidneys Ankunft zwei Teenager ermordet werden und sich die Anzeichen eines Nachahmungstäters verdichten, geraten vor allem Sidneys Cousine Jill (Emma Roberts, „Twelve“) und ihre Freunde (u.a. Hayden Panettiere, „Heroes“) in Gefahr. Potentielle Verdächtige gibt es genug. Nur geraten diese meist schon kurz nach ihrer Einführung selbst in die Klinge des Killers.
Die fortschreitende Technisierung erschwert die Ermittlungen durch Ghostface-Stimm-Apps fürs Mobiltelefon und die rasende Informationsverbreitung durchs Internet und vor allem soziale Netzwerke. Mit Kritik am sich ausweitenden Mediensystem halten sich die Macher jedoch bedeckt. „Scream 4“ ist in seiner Zuspitzung eher ein sarkastischer Kommentar im Gewand eines augenzwinkernden Slasherfilms. Dem gegenwärtigen Trend der Gewaltexplikation hält Craven schnörkelloses Blutvergießen in Thriller-Manier der alten Schule entgegen. Selbst wenn die eigentliche Handlung nicht vor Originalität Funken schlägt, mischt dies späte (und beste) Sequel die Spielregeln des Slashers abermals selbstreflexiv und ironisch genug durch, um dem Genre eine echte Bereicherung zu sein. Nur sollten die Produzenten diese besser nicht durch einen weiteren Aufguss nachträglich torpedieren.
Wertung: (7 / 10)