Der Trend der Superhelden geht zur Menschlichkeit. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Streiter für das Gute allein mit übernatürlichen Kräften die Welt vor dem Kollaps bewahrten. Ohne nachvollziehbare Schwächen und die Möglichkeit der Identifikation funktioniert das Genre nicht mehr. Marvel Entertainment hat die Zeichen der Zeit erkannt. Damals in den Comics wie heute bei deren Verfilmungen. Nun verlegt sich der Konzern, der bislang vorrangig das Merchandise seiner Figuren betreute, auf die Hauptfinanzierung und setzt mit „Iron Man“ gleich ein gewichtiges Ausrufezeichen.
Dabei bewies Marvel-Produktionschef Kevin Feige Mut, als er neben Regisseur Jon Favreau („Zathura – Abenteuer im Weltraum“) den zwar grandiosen, doch nur bedingt massentauglichen Charaktermimen Robert Downey Jr. („A Scanner Darkly“) als Hauptdarsteller verpflichtete. Der aber entpuppt sich als schierer Glücksgriff, schließlich gilt es den exzentrischen Unternehmer Tony Stark in all seinen schillernden Facetten auf die Leinwand zu bringen. Bis dem genialen Erfinder, Milliardär und Playboy durch einen folgenschweren Vorfall die Konsequenz seines Handelns vor Augen geführt wird.
Nach der Vorstellung eines neuen Raketentyps in Afghanistan wird der Rüstungsentwickler von Rebellen verschleppt. Mit Hilfe seiner eigenen Waffenkonstruktionen. Dabei wird er lebensgefährlich verletzt und muss inoperable Granatsplitter per eigens konstruiertem Elektromagneten von seinem Herzen fernhalten. Für Raza (Faran Tahir, „Der Krieg des Charlie Wilson“), den Anführer der Freischärler, soll Stark eine Rakete bauen, die das Machtgefüge in der Region kippen könnte. Heimlich jedoch entwirft der Gefangene eine Rüstung, mit deren Hilfe er seinen Entführern entkommt.
Zurück in der Heimat deckt er eine weltweite Verschwörung auf, in die ausgerechnet sein Mentor Obadiah Stane (Jeff Bridges, „Arlington Road“) verstrickt ist. Also perfektioniert Stark seinen metallischen Anzug und stellt sich den Plänen des Widersachers in den Weg. Bis es zur finalen Konfrontation kommt, vergehen fast zwei Stunden, in denen Favreau, der im Film als Starks Chauffeur auftritt, der Entwicklung der Figuren ebenso viel Augenmerk schenkt wie den erstklassigen Effekten. Für die Balance bürgen auch die stark besetzten Nebenakteure Gwyneth Paltrow („Shakespeare in Love“) – als Starks charmante Assistentin Pepper – und Terrence Howard („Hustle and Flow“).
„Iron Man“ funktioniert als Schnittmenge aus „Batman Begins“ und „Spider-Man“. Robert Downey Jr. bringt nicht nur die erforderliche Eitelkeit mit, sondern auch den nötigen Humor. Der fügt sich reibungslos in die flott erzählte Geschichte und wird auch durch teils düstere Bilder und Kriegsszenarien nicht verdrängt, die sich in zeitgeschichtlicher Anlehnung kritisch mit dem von Stark repräsentierten Industriezweig auseinandersetzen. Und weil die Melange verschiedener Unterhaltungskonzepte so vorzüglich aufgeht, verzeiht man gern die heuer aufklaffenden dramaturgischen Unzulänglichkeiten. Sympathisches, nahezu brillantes Popcorn-Kino.
Wertung: (8 / 10)