Des (Mini-Serie) (GB 2020)

„We have to remain objective in all of this.“ – Dennis Nilsen

Es klingt nach polizeilicher Routine. Doch die Überprüfung eines verdächtigen Funds im verstopften Abwasserrohr eines Londoner Mietshauses fördert Grausiges zutage: menschliche Überreste. Die führen zu Dennis ‚Des‘ Nilsen, einem Schotten Ende dreißig, der die Ermittler wie selbstverständlich zu drei zerstückelten Leichen in seiner Wohnung lotst. Für die Behörden ist es der Schlüssel zu einer der umfänglichsten Mordserien der britischen Kriminalgeschichte.

Die von Lewis Arnold („Dark Money“) und Luke Neal konzipierte, geschriebene und – in Arnolds Fall – auch inszenierte dreiteilige Mini-Serie „Des“ interessiert sich, anders als die 1989 realisierte Verfilmung „Cold Light of Day“, nicht für die eigentlichen Bluttaten. Es geht um die Rekonstruktion der Ereignisse aus Sicht der Polizei – und die Psyche des Killers, in dessen Verkörperung der auch produzierende David Tennant („Broadchurch“) zu großer Form aufläuft. Laut eigener Aussagen hat Nilsen zwischen 1978 und 1983 insgesamt 15 Menschen ermordet. Die Leichen lagerte er unter den Bodendielen seiner Wohnung oder zerteilt in Plastiksäcken.

Einige seiner Opfer verbrannte er und vergrub die Reste im Garten. Obwohl dies die Identifizierung der Toten maßgeblich erschwert, setzen Chefermittler Peter Jay (Daniel Mays, „Good Omens“) und sein Team (u. a. Barry Ward, „The Fall“) alles daran, den Ermordeten einen Namen – und den Hinterbliebenen Gewissheit – zu geben. Nilsen ist unauffällig, sozial praktisch unsichtbar. Sein bevorzugtes Opferprofil: männlich, homosexuell, obdachlos und/oder drogenabhängig. Es sind Menschen, die durchs soziale Raster fallen. Das erklärt, weshalb die Gräueltaten über Jahre unbemerkt blieben.

„I’m your only witness.“ – Dennis Nilsen

Nilsen erinnert sich während der Verhöre nicht an Namen. Nur an Tathergänge. Die kann er jedoch so detailliert beschreiben, dass der Verdacht aufkeimt, der Mörder wolle sich profilieren. Dazu passt, dass er Informationen nur zögerlich preisgibt. Fest steht: Der intelligente Nilsen will Aufmerksamkeit. Das gelingt nachhaltig, als er von Schriftsteller Brian Masters (Jason Watkins, „Taboo“) kontaktiert wird, der zu seinem Biograph avanciert. Masters ist am Ursprung des Todestriebs interessiert, einer objektiven Rekonstruktion. Auf dem daraus resultierenden Buch „Killing for Company“ basiert die Serie.

Getragen wird „Des“ vom stimmigen Zeitkolorit der frühen 1980er und den tadellosen Darstellerleistungen (zum Ensemble zählt auch Chanel Cresswell, „The Bay“). Vor allem Tennant wird dem schockierend empathielosen Charakter Nilsens bravourös gerecht. Nicht vollends mithalten kann die vereinzelt durch Originalaufnahmen angereicherte Erzählung, die den Fokus ungeachtet dramaturgischer Freiheiten auf eine authentische Rekonstruktion der Ermittlungen legt. Denn anders als etwa „A Confession“ (2019) lässt „Des“ Ankerpunkte vermissen, die einen emotionalen Zugang, vorrangig zu den wesentlichen Polizeikräften, schaffen.  

Dem taktierenden Mörder fehlt es damit an nahbarem Gegengewicht. Die Anteilnahme an den Ermittlungen von Jay und Kollegium bleiben aufs Fachliche beschränkt, etwa wenn die Vorgesetzten (darunter Ron Cook, „Mr. Selfridge“) die akribische Spurensuche aus Kostengründen beenden, bevor sämtliche Opfer identifiziert sind. Dezent spekulativ wirkt zudem der Anschein, Nilsen habe die Aufarbeitung seiner Taten orchestriert, um lediglich wegen Totschlags verurteilt zu werden – was ihm eine Haftstrafe ohne Sicherheitsverwahrung beschert hätte. Das letztlich juristische Ringen um Gerechtigkeit bleibt angemessen nüchtern, fesselt aus inszenatorischer Perspektive aber weniger als die voranstehende Untersuchung von Nilsens Verbrechen. Eine insgesamt sehenswerte Serie, wenn auch mit überschaubarem Nachhall.  

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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