Recht ist nicht gleich Gerechtigkeit. Die eigene Auslegung von Gesetzen und damit verbunden die Beantwortung der Schuldfrage ist oft nicht mit der gebotenen Sachlichkeit der Justiz überein zu bringen. Ein Fall, der diese Diskrepanz geradewegs schmerzhaft vor Augen führt, ist die Ermordung der 22-jährigen Britin Sian O’Callaghan im Frühjahr 2011. Unmittelbar mit dem Fall verknüpft ist die Geschichte des leitenden Ermittlers Stephen Fulcher, der zwischen dem, was richtig scheint, und dem, was richtig (respektive Recht) ist, zerrieben wird.
Die sechsteilige Mini-Serie „A Confession“ zeichnet das aufwühlende Verbrechen und die vielfältigen Nachwehen in all ihrer emotionalen wie juristischen Komplexität nach. Dabei verzichten die Macher um Autor Jeff Pope (Oscar-nominiert für „Philomena“) und Regisseur Paul Andrew Williams („The Cottage“) weitgehend auf Spekulationen und berufen sich mit distanzierter Betrachtungsweise auf Interviews, Polizeiberichte und das Buch Fulchers. Vereinzelt eingestreute Originalaufnahmen unterstreichen die Authentizität der nüchtern inszenierten Rekonstruktion. Die Wirkung ist nachhallend. Die pseudo-dokumentarische Wackelkamera hätte es dazu allerdings nicht gebraucht.
Bereits kurz nach Sians Verschwinden wird Fulcher, nuanciert verkörpert von „Sherlock“-Star Martin Freeman, mit dem Fall betraut. Der erfahrene Polizist und sein Team stoßen bald auf Taxifahrer Christopher Halliwell (erinnert an den jungen Malcolm McDowell: Joe Absolom, „Hatfields & McCoys“), bei dessen Vernehmung Fulcher die Vorschriften missachtet und ihm anwaltlichen Beistand verwehrt, jedoch gleich zu zwei Leichen geführt wird: Sian und der bereits 2003 getöteten Prostituierten Becky Godden-Edwards. Ungeachtet des Ermittlungserfolgs wird der Verstoß für Fulcher zum Bumerang – und sorgt durch die penible Auslegung des Gesetzes für ein jahrelanges rechtliches Nachspiel.
Das True-Crime-Drama funktioniert auf gleich mehreren Ebenen: Da ist einmal die Aufklärung von Sians Verschwinden, die ihre Familie – darunter die gewohnt erstklassige Siobhan Finneran („Downton Abbey“) als Mutter Elaine, Jake Davies („The Missing“) als Bruder Liam und Derek Riddell („Happy Valley“) als Stiefvater Pete – zerrüttet zurücklässt. Daneben folgt, scheinbar unbeteiligt, die Vorstellung von Nachbarin Karen Edwards (Imelda Staunton, „The Crown“), die eine tiefere Bedeutung erhält, als ihre lang vermisste Tochter als zweites Opfer Halliwells identifiziert wird. Auf der anderen Seite prägen die juristischen Bewertungen vor Gericht die Erzählung, die neben dem Mörder vorrangig den von den Vorgesetzten als Sündenbock abgestempelten Fulcher betreffen.
Das Ensemble, zu dem auch Kate Ashfield („Shaun of the Dead“) als Fulchers Gattin Yvonne und Peter Wight („Mr. Turner“) als Karens Mann Charlie zählen, trägt die Intensität des packend zusammengefassten Kriminalstücks mit angemessener Ausdrucksstärke. Während die Verarbeitung für Sians Familie nach dem ersten Prozess gegen Halliwell langsam beginnen kann, geht der Kampf für Karen – und auch für Fulcher – weiter. Dass sich Recht und Gerechtigkeit am Ende annähern, bedeutet keineswegs für alle Beteiligten einen versöhnlichen Ausgang. Vor allem, da die Frage nach weiteren Opfern bis heute unbeantwortet geblieben ist.
Wertung: (8,5 / 10)