In seinem an Klassikern keineswegs armen Wirken hat Ringo Lam („City on Fire“, „Full Contact“) lediglich einmal das Genre des Wuxia bedacht. Möglich machte es der produzierende Star-Filmemacher Tsui Hark, der Historien-Action im Hongkong-Kino durch „Once Upon a Time in China“ (1991) zur Renaissance verhalf. Bei „Burning Paradise“ sollte er eigentlich selbst Regie führen, brachte durch andere Verpflichtungen aber Lam ins Spiel. Dessen ins Nihilistische gleitender Erzählstil verträgt sich nicht zwingend mit dem konventionellen Charakter des Skripts (ergo dem Hongkong-typischen nebeneinander von Posse und Drama), macht den Film für Eastern-Fans aber gerade aufgrund der ungewohnt abgründigen Nuancen entdeckungswürdig.
Während der Ching-Dynastie wollen Shaolin-Mönche die Schreckensherrschaft der Manchu-Regentschaft anprangern. Der Kaiser lässt daraufhin einen Präventivschlag ausführen, bei dem Crimson (John Ching, „God of Gamblers II“) blutige Vergeltung übt. Flüchtige Geistliche werden gnadenlos gejagt. Unter ihnen ist der junge Fong Sai Yuk (Willie Chi, „Drunken Master III“), der mit seinem verwundeten Lehrmeister unterwegs ist. Auf ihrem Weg durch die Wüste treffen sie die Ex-Prostituierte Dau Dau (Carman Lee, „The Odd One Dies“), die mit den Mönchen von Crimson gestellt wird. Während der Meister sein Leben lässt, werden Sai Yuk und Dau Dau mit anderen Gefangenen in den Tempel des Roten Lotus verschleppt.
Dessen morbides, mit Parallelen zum europäischen Gothic-Grusel gestaltetes Set-Design hält innen wie außen sehenswerte Details bereit und stützt die ausweglose Atmosphäre. Herrscher dieses brutalen unterirdischen Mikrokosmos ist Kung (Kam-Kong Wong, „From Beijing With Love“), der die Gefangenen mit Hilfe von Sai Yuks altem Shaolin-Bruder Hong-Hei Kun (Yamson Domingo, „Dynamite Fighters“) versklavt. Als sich der in Kampfkunst bewanderte Neuankömmling sogleich widersetzt, wird er schwer verletzt in einer Grube entsorgt. Dau Dau hingegen wird Kungs Harem zugeführt, was eine der intensivsten Szenen begünstigt, wenn sich der im Selbstbild als Künstler definierte Tyrann (die rote Farbe seiner Bilder gründet sich auf das Blut seiner Zwangsgespielinnen) kurzzeitig öffnet und neben Wahnsinn auch Kränkung aufblitzen lässt.
Diese angedeutete Tiefe trägt auch die ambivalente Charakterisierung des eigentlich rechtschaffenden Hong-Hei Kun, der Gefühle für die maskierte Leibwächterin Tsui Ho (Chun Lam) hegt. Diese zumindest partielle Bemühung um mehrdimensionale Figuren – der formelhafte Sai Yuk fällt dagegen merklich ab – trägt den standardisierten Gut-gegen-Böse-Plot über Durchschnitt. Den Reiz des Historien-Spektakels prägen aber natürlich auch die rasanten Martial-Arts- und Schwertkampfduelle, die durch zeitgemäße Drahtseil-Akrobatik gestützt werden. Dabei spritzt das Blut bisweilen kübelweise aus geschundenen oder zerteilten Leibern.
Das zeigt sich bereits beim anfänglichen Scharmützel in der Wüste, bei dem Crimson als Meister der fliegenden Guillotine ausgewiesen wird (die zugehörigen Computertricks sind solide gealtert). Gewalt ist auch das Mittel der Wahl, wenn der wiedererstarkte Sai Yuk gen Ende den Aufstand probt und das mit allerlei Fallen gespickte Höhlenlabyrinth Kungs in eine feurige Todeszone verwandelt. Als Meilenstein des Kinos geht Lams bitter gefloppter Ausflug ins historische Metier kaum durch, besticht aber insbesondere durch die immer wieder aufblitzende Verweigerung inszenatorischer Genre-Standards. Dabei muss sich „Burning Paradise“ auch in Sachen Unterhaltungswert keineswegs vor den bekannteren (und offensiver humorigen) Abenteuern des fiktiven Volkshelden Fong Sai Yuk mit Jet Li (siehe „Der Vollstrecker“ und „Iron Tiger“) verstecken.
Wertung: (7 / 10)