„2007, 18 Jahre nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ist der Traum von einem vereinigten Osteuropa längst vorbei. Ständige Gewalt und Streitigkeiten unter der Bevölkerung haben die Länder zerrissen und ihnen ein armseliges Dasein beschert. Zivilisierte Gesellschaftsstrukturen existieren nicht mehr. Staatliche Misswirtschaft, Umweltverschmutzung und astronomische Kriminalitätsraten führten zum wirtschaftlichen und moralischen Kollaps. Das Scheitern der Regierungen ließ ethnische Konflikte aufkeimen, bei deren Austragung auch die letzten Reste funktionierender Infrastruktur zerstört wurden. Ganze Städte verschwanden auf diese Weise von der Bildfläche. Die Konflikte sind eskaliert und tausende kommen bei den Kämpfen ums Leben, jede Woche. Eiskalte Bosheit hat sich in den Herzen der Menschen eingenistet und jede Seite versucht rücksichtslos die andere zu vernichten. Und alles was noch übrig ist, fällt der Anarchie zum Opfer…“
Diese im Off der Anfangstitel beschriebene Schmalspur-Utopie streckt in Albert Pyuns „Ultimate Chase“ ihre tödlichen Klauen auch in Richtung der vereinigten Staaten aus. Denn im Osten Europas breitet sich mit rasender Geschwindigkeit eine alles verschlingende Seuche aus, die, von Immigranten eingeschleppt, zur letztlichen Zwangsinhaftierung der feisten Aussiedler in Übersee führt. Die ursprüngliche Charantänezone weitet sich zur Stadt aus und verlagert den Unruheherd schließlich von der alten in die neue Welt. In diese Zeit des Chaos fügt sich nahtlos ein psychopathischer Serienmörder (Craig Davis), ein kannibalistisches Monstrum mit mächtigem Appetit auf menschliche Innereien, das wie es Zufall und Skript so wollen auch den Wirt des apokalyptischen Virus stellt.
Nachdem der fiese Menschenfresser ein Krankenhaus dezimiert und eine nahende Spezialeinheit aufgerieben hat, werden vier fachkundige Polizeikräfte, darunter Frischling Delon (Natasha Henstridge, „Species 1 + 2″, „Ghosts of Mars“) und der Veteran Lemieux (Christopher Lambert, „Highlander 1-4″, „Fortress 1 + 2″), mit der Verfolgung des hinterhältigen Killers beauftragt. Doch gelingt diesem die Flucht in die Katakomben einer alten Inhaftierungsanstalt, was nicht nur den Puls der Ordnungshüter in erhöhte Wallung bringt, sondern auch einen gnadenlos einfallslosen Wettlauf gegen die Zeit heraufbeschwört. Denn der auf Fließband-Trash abonnierte Regisseur und Autor Albert Pyun („Cyborg“, „Nemesis 1 – 4″) füllt mehr als die Hälfte der knapp 87-minütigen Spielzeit seines banalen Sci-Fi-Horrorstreifens mit der fußlahmen Verfolgung des Schlächters durch die schmuck kaputtsanierten Altbauten der urbanen Spielwiese und garniert selbige obendrein mit zahlreichen Motiven des Slasherfilms.
Doch wollen wir uns an dieser Stelle weniger an den ersichtlichen Schwächen von „Ultimate Chase“ delektieren, als vielmehr auf dessen inszenatorische Stärken verweisen. Anbei mag es beinahe unglaublich erscheinen, dass in einem Atemzug mit dem Namen Albert Pyun die Phrase „inszenatorische Stärken“ Verwendung findet, doch gelingt dem heimlichen Thronfolger Ed Woods in diesem Falle das seltene Kunststück, zwischen all der liebgewonnenen Unbedarftheit einen Hauch von atmosphärischer Dichte und narrativer Stringenz zu infiltrieren. Und selbst wenn letzteres auf einen Plot beschränkt bleibt, der auf Omas selbstgehäkeltem Teeuntersatz Platz findet, verbreitet das sorgsam aufgetürmte Häufchen Mumpitz aufgrund seines schöpferischen Minimalismus und der bewusst puristischen Ausarbeitung nicht nur Heiterkeit, sondern passagenweise gar stimmungsvolle Zwischentöne.
Zudem erweist sich die von George Mooradian („Retroactive“, „Mean Guns“) in temposchürender Hast und in Anbetracht des verschwindend geringen Budgets recht effektiv geführte Kamera, die im übrigen auch zahlreiche subjektive Einstellungen zum Ausdruck bringt, als gewinnbringender Pluspunkt. Dieser vermag zwar nicht die zahlreich aufgeworfenen Fragen des Filmes aufzuwiegen, doch residiert „Ultimate Chase“ im Hinblick auf die komplette Werkschau des Albert Pyun ungeachtet des vorherrschenden künstlerischen Vakuums in der Ehrenloge dessen grobschlächtig-kinematographischer Wiederverwertungsanlage. Gleiches belegen auch die ansprechend belanglosen Darbietungen der immerhin namhaften Akteure, die den rudimentär gezeichneten Figuren durch ihr bemühtes und nicht gänzlich belächelnswertes Gebaren zumindest die notwendige Daseinsberechtigung im trüben Tümpel des Trashs zusichern.
Neben den bereits angeführten Bewahrern minderer Schauspielkunst veredeln die Pyun-Veteranen Norbert Weisser („Crazy Six“, „Blast“) und Nicholas Guest („Brain Smasher“, „Nemesis“), sowie Elizabeth Barondes („Night of the Scarecrow“, „Not of this Earth“) und „Wishmaster“-Andrew Divoff das physische Erscheinungsbildnis des 1996 heruntergekurbelten B-Movies. Ungeklärt bleibt derweil, ob der krude Horror-Thriller nun Amerika oder Rumänien zum Schauplatz der Handlung deklariert, sprechen „Escape from New York“-gemässe Einstellungen eines Wachpostens in Front der gemauerten Umschließung erwähnten Charantäne-Ghettos bei eingespielter Boston-Überblendung eher für ersteres, während unter anderem der Baustil der heimeligen Umgebung, wie auch die Policia-Schriftzüge auf Kampfanzügen und Fahrzeugen, obendrein mit osteuropäischen Nummernschildern versehen, uneingeschränkt für letztere Vermutung Partei ergreifen. Doch sollte man sich an solch unbedeutenden wie erheiternden Kleinigkeiten ebenso wenig stören, wie an der realitätsfernen Beschaffenheit der im Film aufgezeigten ABC-Schutzanzüge der eingreifenden Spezialkräfte, deren Sichtfenster im Zuge steter Atmungsaktivitäten kurzerhand beschlagen und den jeweiligen Träger eigentlich auf schmerzhaftem Wege mit dem alten Menschheitsfreund Kohlendioxid bekannt machen müssten!
Aber glücklicherweise behandeln wir hier ein Werk von Albert Pyun, dem störrischen Eselchen der Filmindustrie, in dessen Sprachgebrauch offenkundig weder Logik noch Intelligenz groß geschrieben werden und auf dessen Planeten man eher vom mutierten Killer-Kalles als vom mehrfach inhalierten Odem der eigenen Lungenflügel aus dem Leben geschleudert wird. So ist „Ultimate Chase“ ein wahrhaft unsägliches Hit & Run-Movie mit Blei in den Beinen und Scheiße im Kopf, dabei jedoch nicht ohne eigentümlichen Reiz und definitiv ein Paradebeispiel ausgeschöpfter Möglichkeiten bei minimaler finanzieller Grundierung. Über die überflüssigen Kürzungen der deutschen Verleihfassung sollte man allerdings hinwegsehen können, fiel der preisgünstige Goregehalt von „Adrenalin – Fear the Rush“, so der Originaltitel, doch beinahe gänzlich der Schere zum Opfer! Allerdings lassen selbst Fassungen aus England und den USA reichlich Filmmaterial vermissen, wenngleich überwiegend aus dem Gerippe der Handlung, was den englischsprachigen Zuschauern beispielsweise das in unseren Breiten zu beäugende offene Finale vorenthält. Welche Fassung auch immer greifbar sein sollte, Pyun-Puristen und solche die es werden wollen kommen an dieser kruden Peitsche nicht vorbei!
Wertung: (3,5 / 10)