The Missing (USA 2003)

the-missing-2003Lederstrumpf galore…

Regisseur Ron Howard hat, wenn man sich durch sein bisheriges Schaffen schlägt, ohne Frage eine ganze Reihe anständiger Filme zustande gebracht. „Willow“, „Backdraft“, „EdTV“ und zuletzt „A Beautiful Mind“ mit dem Australischen Griesgram Russell Crowe, der dem ehemaligen Kinderstar Howard (Ritterschlag durch sein Mitwirken in mehreren „Simpsons“-Folgen) dann sogar einen Oscar bescherte. Nach einem solchen Erfolg hat man es bekanntlich nicht einfach, doch Howard ging mit seinem nächsten Projekt sicherlich nicht den Weg des geringsten Widerstands und versuchte sein Glück im ur-amerikanischsten aller Genres, dem immer wieder totgesagten Western.

In jenem „The Missing“ spielt Cate Blanchett die zweifache Mutter Maggie Gilkeson, die durch die tatkräftige Unterstützung ihres Freundes Brake (Aaron Eckhart) den heimischen Hof am Laufen hält und die sich als eine Art Heilerin ein kleines Zubrot verdient. Während ihre kleine Tochter Dot (Jenna Boyd) sich mit dem einsamen Leben fernab der großen Zivilisation gut zurecht findet, rebelliert die Jugendliche Lily (Evan Rachel Wood) immer wieder gegen den Willen der Mutter und träumt von einem Leben in der Großstadt. Wie aus heiterem Himmel steht plötzlich Maggies Vater Samuel (Tommy Lee Jones) vor der Tür, um sich und seine Wehwehchen behandeln zu lassen. Das Wiedersehen zwischen Vater und Tochter entpuppt sich jedoch als sehr unterkühlt, denn vor vielen Jahren verließ ihr Vater sie und ihre Mutter, was letztlich auch zu deren Tod führte.

Kurze Zeit lässt sie ihren Vater, der die ganzen Jahre über bei Indianern lebte, auf ihrem Hof im Stall residieren, ein langer Aufenthalt ist jedoch nicht gestattet. Brake bricht in der Zwischenzeit mit den beiden Töchtern in die Stadt auf, die sie jedoch nicht erreichen sollen. Unterwegs werden sie von rebellierenden Indianern überfallen und zumindest die männliche Begleitung kurzum geschlachtet. Dot kann sich vor den Wilden verstecken, doch Lily wird von der Handvoll Indianer um deren Anführer Pesh-Chidin (Eric Schweig) mitgenommen, um sie mit anderen entführten Frauen über die Grenze zu schaffen und gewinnbringend zu verkaufen. Die verzweifelte Maggie kann sich leider nicht auf die Hilfe der Obrigkeit verlassen und so macht sie sich eigenständig auf die Suche nach ihrer vermissten Tochter. Samuel bietet seine Hilfe an, doch nur zaghaft lässt Maggie wieder eine gewisse Nähe von ihrem Erzeuger zu.

Guter Indianer, böser Indianer. Auf den ersten Blick könnte man vermuten, man hätte es hier mit den üblichen Klischees des Genres zu tun. Doch so ganz einfach macht es Ron Howard sich und seinem Publikum nicht. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen immer wieder und während in anderen Filmen die Indianer stets als barbarische Wilde gezeigt werden, stellt sich hier eher die weiße Rasse als die verschlagenere heraus. Während die desertierten Indianer um Eric Schweig, dessen Figur wohl nicht schlimmer und bösartiger hätte ausfallen können, recht skrupellos agieren, trifft Cate Blanchett (verletzlich, entschlossen und eigentlich wie immer überzeugend) während ihrer Verfolgungsjagd auf einige Rothäute, die letztlich Haut und Haar für sie riskieren. Blanchett („Der Herr der Ringe“) mimt kein Mannsweib, das ohne Weiteres durch Lachen von Blut wandern würde, doch stellt sie alles weitere hinter das Leben ihrer Töchter.

Überzeugend bringt sie die unterschiedlichen Facetten ihres Charakters unter einen Hut und kann ihren Filmvater Tommy Lee Jones als krude Mischung aus Winnetou und Rambo ein ums andere mal blass aussehen lassen. Der mit dem Oscar ausgezeichnete Jones („Auf der Flucht“) setzt seiner Biografie mal wieder ein weiteres Highlight auf. Wie schon im letztjährigen „Die Stunde des Jägers“, in dem er einen zotteligen Ex-Army-Ausbilder spielte, so wirkt seine Figur auch hier manchmal etwas überstilisiert und wenig glaubwürdig. Ohne Fehl und Tadel darf man ruhigen Gewissens die beiden Film-Töchter Jenna Boyd („Ich bin Sam“) als jüngere Dot und die bereits in „Dreizehn“ überzeugende Evan Rachel Wood aufführen, die beide das Optimum aus ihren Rollen herausholen. Landschaftlich in nette Bilder gesteckt, weiß „The Missing“ durchaus auf mehreren Ebenen zu funktionieren, sei es nun als Familiendrama oder auch als Actionfilm, bei dem es beizeiten doch rauer und härter zugeht als vermutet.

Hier wird stellenweise munter drauflosgestorben und getötet, doch in all dem überspannt Howard den Bogen etwas zu sehr und so zieht sich der Film gen Ende doch gehörig. Zudem wirken einige Szenen im letzten Viertel doch sehr an den Haaren herbeigezogen und auch vollkommen unnötig (z.B. Voodoo-Zauber). Insgesamt betrachtet darf man Howard einen soliden und vor allem erlesen besetzten (in weiteren Rollen u.a. mit Val Kilmer und Simon Baker) Western bescheinigen, der mehr Licht als Schatten aufwirft und für einen Sonntagnachmittag anständige Unterhaltung parat hält, einige Längen jedoch inbegriffen.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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