Howard Hughes galt Zeit seines Lebens als Inbegriff des amerikanischen Tycoons. Er revolutionierte Hollywood in den frühen 30er-Jahren mit bombastischen Filmen – allein sein Kriegsspektakel „Hell’s Angels“ (1930) verschlang seinerzeit unglaubliche 3,8 Millionen Dollar – und trieb gleichzeitig die Entwicklung der Luftfahrt voran. Als Eigner der Fluglinie TWA widersetzte sich der milliardenschwere Exzentriker und Phobiker erfolgreich der Monopolisierung des Luftverkehrs in den vereinigten Staaten.
Als Womanzier und Playboy beherrschte der Texaner die Boulevardpresse, sorgte mit zahlreichen Affären für Schlagzeilen. Mit den Filmen „Scarface“ (1932) und „The Outlaw“ (1941) entfachte Hughes hitzige Diskussionen über die Darstellung von Gewalt und Freizügigkeit im amerikanischen Kino. Nach einem verheerenden Flugzeugabsturz kapselte sich der Paradiesvogel allmählich von der Außenwelt ab.
Mit „The Aviator“ skizziert Meisterregisseur Martin Scorsese („Taxi Driver“, „Raging Bull”, „GoodFellas“) in groben Zügen ein Portrait des Medienmoguls und Industriepioniers Howard Hughes. Mit pompöser Ausstattung und aufwendiger Umsetzung lässt der Filmemacher die schillernde Ära der 30er- und 40er-Jahre wieder lebendig werden. In der Hauptrolle brilliert Scorseses künstlerischer „Ziehsohn“ Leonardo DiCaprio („The Beach“). War dieser in „Gangs of New York“ noch einer der größten Schwachpunkte, präsentiert sich DiCaprio in „The Aviator“ als darstellerisch deutlich gereift. Als verdiente Anerkennung für diese Leistung wurde er in diesem Jahr – neben Regisseur Scorsese – mit dem Golden Globe ausgezeichnet.
Das größte Manko des imposanten Biopics bildet seine Konturlosigkeit. Martin Scorsese kratzt lediglich an der Oberfläche des Visionärs Howard Hughes, deutet die meisten Facetten des gebrochenen Charakters nur an. Die mit der schillernden Figur verwurzelte Tragik wird dabei kaum herausgearbeitet, der geistige Zwiespalt lediglich peripher angerissen. Auf diese Weise klafft ein emotionales Vakuum zwischen Darstellern und Publikum, dem auch die hervorragende Besetzung kaum etwas entgegenzusetzen hat.
Für „The Aviator“ stand Hollywoods Garde Schlange. Als Katherine Hepburn gibt Cate Blanchett („The Missing“) eine unbefriedigend überzogene Darbietung, während Kate Beckinsale („Underworld“) in der Rolle von Ava Gardner eher leise Töne anstimmt. Der hervorragende Chargenspieler John C. Reilly („Magnolia“) gibt als Hughes Verwalter Noah Dietrich eine gewohnt gute Vorstellung, und auch Alec Baldwin („Glengarry Glen Ross“) überzeugt als Hughes Konkurrent Juan Trippe. Kaum wahrnehmbar am Rande agieren zudem Willem Dafoe („Auto Focus“), Ian Holm („Der Herr der Ringe“), Sängerin Gwen Stefani und Jude Law („Cold Mountain“).
Martin Scorsese und Hauptakteur Leonardo DiCaprio setzen Howard Hughes mit „The Aviator“ ein formal virtuoses, doch inhaltlich zwiespältiges Denkmal. Zwar versucht der Film sich auf den Werdegang Hughes zwischen 1930 und 1950 zu beschränken, doch wären weniger Informationen über Motorentechnik und Flugzeugrouten streckenweise schlicht mehr gewesen. Und ist der Film auch nicht Scorseses geschlossenste Arbeit, einen Oscar hätte der filigrane Regisseur für seine hervorragende Leistung trotzdem verdient.
Wertung: (6,5 / 10)