Da ist es wieder, dies Bedürfnis, sich in den Weiten des Post-Rock zu verlieren. Oft ist es kein bewusster Drang, sondern einer, der durch den Augenblick genährt wird. So wie bei „Awake the Sleeping Dogs“, dem Auftaktstück von „We Bare All“. Die Platte geht auf die Kappe der Osnabrücker/Berliner Band THE AQUALUNG. Es ist ihre zweite und eine, die instrumental richtig was hermacht. Mit feinem Gespür für Atmosphäre entfalten die Stücke eine fast hypnotische Sogwirkung. Zumindest jene, die auf Gesang verzichten. Denn wenn die Stimme von Johannes Schwitalla einsetzt, erhält die Begeisterungsfähigkeit mitunter einen dezenten Dämpfer.
Nach unruhig flirrendem Start beweist „Into the Wild“ spätestens mit dem Refrain Nähe zum klassischen Tiefton-Rock. Schwitallas Organ ist durchaus markant. Nur fehlt es ihm bisweilen an Kraft. Das balladeske „Delusion“, das flotte „Chewinggumnun“ oder „One Last Time“ beweisen, wohin die Reise gehen kann, wenn mehr Melodie in die Vocals gelegt wird. Den insgesamt prägenderen Eindruck hinterlassen trotzdem die Instrumental-Nummern („Metasphere“, „The Aqualung Part II“), die anmutige Klangwelten zwischen Ambient und Prog auftürmen und den Hörer im Kopfkino eigene Geschichten erzählen lassen. „We Bare All“ ist eine zweifelsfrei gelungene Scheibe, mit Geschick und vielschichtiger Ader. Dass der Gesang diesem Status nicht durchweg gerecht wird, ist angesichts der übergeordneten Klasse leicht verzeihlich.
Wertung: (7 / 10)