Tequila and the Sunrise Gang – Home (2020, Uncle M)

„Me and all my friends, we will bring the circus into town.“ – ‘Take My Hand’

Früher war mehr Zirkus. Irgendwo zwischen gesellschaftlichem Rechtsruck und Corona-Pandemie ist die Unbeschwertheit endgültig über Bord gegangen. Zeit also, dieser Tristesse entgegenzuwirken. Musik war dahingehend schon immer ein probates Mittel. Nur scheint das denkwürdig beschissene Jahr 2020 selbst auf diesem Gebiet wenig bereitzuhalten, was zwischen all den kleinen und großen Sorgen ein zumindest zartes Lächeln aufs Gesicht zaubern könnte. Ein Segen ist da der neue Langspieler von TEQUILA AND THE SUNRISE GANG. Auch der bleibt, das liegt im Naturell der politisch klar positionierten Kieler, nicht gänzlich unbeschwert und bietet doch genau das, an dem es gerade so eklatant mangelt: Spektakel und Ausgelassenheit. Oder eben Zirkus.

An den hochklassigen Vorgänger „Of Pals and Hearts“ knüpft das Oktett mit „Home“, Album Nummer sechs, nahtlos an. Wenn auch mit einer dezent veränderten Gewichtung der bewährten Zutaten. Der Reggae-Anteil wurde reduziert, dafür mehr klassischer Ska hinzugegeben. Die rockige Beigabe offenbart überdies wieder stärker ihre Verwurzelung im Punk. Bereits das zeigt: An Abwechslung mangelt es der Platte keineswegs. An Hits ebenso wenig. Mit der neuerlich erfreulichen Konsequenz, dass nicht wenige der zwölf Beiträge – als Anspieltipps dürfen u. a. „Heart of Gold“, „No Surrender“, „Take My Hand“ oder das in Kooperation mit Tim Vantol geschmetterte „I’ll Be Gone“ herausgestellt werden – gleich beim ersten Hörvergnügen lauthals mitgeschmettert werden wollen.

Der einmal mehr zwischen zarter Melodik und Inbrunst schwankende Gesang, der vorrangig beim hymnisch wütenden „Kick It“ weitere Zack-de-la-Rocha-Momente bereithält, ist der beschwingten, obgleich an den richtigen Stellen innehaltenden Instrumentierung, ein begeisternder Rückhalt. So bleibt schlussendlich zu hoffen, dass ein TEQUILA AND THE SUNRISE GANG und ihrer Musik angemessener Rahmen, egal ob am Strand oder im Konzertclub, perspektivisch wieder in größerem Kollektiv bestückt werden kann. Denn was ist ein Zirkus schon ohne Anteil nehmende Besucherscharen?       

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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