Ein kalter, dreckiger, verlassener Kellerraum und zwei angekettete Männer. So beginnt der in den Staaten recht erfolgreiche Horror-Serienkiller-Schocker „Saw“, der auch hierzulande recht ordentlich abgefeiert wird und von seinem Verleih mal eben so großspurig als potenzielle Steigerung von „Sieben“ angesehen wird. Diese beiden angeketteten Männer sind zum einen der Arzt Dr. Lawrence Gordon (Carey Elwes) sowie der junge Fotograf Adam (Leigh Whannell), die beide nur spärlich bekleidet in dem künstlich beleuchteten Raum aufwachen und sich zunächst an nichts erinnern können. Vor allem nicht daran, wem sie dieses Erlebnis verdanken bzw. wer dahinter stecken könnte und vor allem nicht, wer der tote Mann in der Mitte des Raumes mit einer Pistole in der Hand ist.
Nach anfänglicher Panik versuchen beide mit den ihnen zur Verfügung stehenden begrenzten Möglichkeiten Licht ins Dunkel zu bringen und werden rasch in Form zweier Kassetten und eines Aufnahmegerätes fündig. Ihr Peiniger hat für beide Personen eine Botschaft hinterlassen. Doch während für Adam nichts groß herauszuspringen scheint, hat Lawrence den eindeutigen Auftrag, Adam in den nächsten acht Stunden zu töten, ansonsten würden seine Frau und seine Tochter dran glauben müssen. Krampfhaft versuchen beide Personen nun ihrem Schicksal zu entgehen und erinnern sich in Rückblicken an einige Vorkommnisse ihrer jüngeren Vergangenheit. Dabei kommt Lawrence schnell der Polizist Tapp (Danny Glover) in den Sinn, der ihn während seiner Ermittlungen in einem Fall mit diversen Morden vernahm und auch ihn zu den Verdächtigen zählte. Auch dieser verbindet eine besondere Beziehung zu dem Serientäter, ohne dass dies den beiden Eingeschlossenen jedoch bekannt ist.
Wieder einmal großspurig gibt sich ein Verleih und vergleicht sein Werk mit einem Klassiker des Genres. Ein findiger Werbestreich möchte man meinen, der allerdings häufig auch nach hinten losgehen kann. Was Regieneuling James Wan dem geneigten Freund überraschend endender Horror- bzw. Serienkillerfilme hier auftischt ist nicht neu, wenn auch das Ende nicht wirklich zu erahnen war. Doch beschränken sich allgemeine Lobeshymnen schließlich nicht nur auf das Finale, sondern auf jegliches Terrain, das „Saw“ beschreitet. Und genau dort liegt dann auch der Hund begraben, denn inmitten der von Wan entfachten Bilderflut lässt doch das ein oder andere Element gehörig zu wünschen übrig. Die erste Viertelstunde fesselt, denn der Zuschauer wird ohne Einleitung sofort in den düsteren Kellerraum mit seinen beiden Protagonisten geworfen und versucht ähnlich wie diese beiden Eingeschlossenen, Licht ins Dunkel zu bringen.
Sobald es jedoch mit den Rückblenden beginnt und Wan hier u.a. die allzu perversen und bereits vergangenen Spiele seines Mörders zeigt, flacht der Film gehörig ab. Wan versucht einen Handlungsstrang neben den anderen zu setzen, verliert dabei aber schnell den Überblick und der Film kann sich auch so die ein oder andere Länge nicht verkneifen. Erst wenn zwischendurch wieder die beiden Eingeschlossenen gezeigt werden, zeigt die Spannungskurve wieder nach oben. Ein Übeltäter ist zudem recht schnell ausgemacht und wird von Wan auch zeitig präsentiert, so dass man sich als Zuschauer zumindest dann noch auf eine gehörige Überraschung zum Ende hin einstellen kann.
Relativ namhaft besetzt, können die Darsteller des Films ihr Können jedoch nicht ausspielen und phasenweise könnte man meinen, man hätte es hier mit einem Schultheater zu tun, was vor allem auf den alten Haudegen Danny Glover („Lethal Weapon“) zutrifft. Cary Elwes („…denn zum Küssen sind sie da“) müht sich, beweist aber auch dank angefressener Rettungsringe, warum er schon länger nicht mehr in einer Topproduktion zu sehen war. Monica Potter („Con Air“) und Dina Meyer („Starship Troopers“) agieren solide, wenn auch ihre Rollen nicht viel hergeben, während Glover wohl die schlechteste Darbietung seiner langen Karriere zeigt und permanent zwischen Not trifft Elend schwankt. Licht ins schauspielerische Dunkel bringt immerhin Tobin Bell („In the Line of Fire“), dem es eigentlich als einzigem gelingt, den spürbaren Tod vor Augen auch glaubwürdig zu verkörpern.
Spannung erzeugt „Saw“ nicht durchgehend und dank seiner allgegenwärtigen MTV-Clip-Ästhetik und Pseudo-innovativen Visualisierung, wird der Film eben nicht automatisch zum Klassiker. Irritieren lassen sollte man sich auch nicht von der Einstufung der FSK, denn brutal ist „Saw“ mitnichten. Wer hier ein Gore-Spektakel erwartet wird enttäuscht sein, denn von solchen Szenen gibt es nicht eine. Zumindest in der Kinofassung, wie die zwei Minuten längere ungeschnittene Version aussieht, darf sich jeder gerne angesichts einer Szene gegen Ende ausmalen. Doch lag es James Wan definitiv nicht daran, einen blutigen Schocker par exzellence zu drehen. Wieder ein Punkt, in dem der Film wichtiger gemacht wird, als er eigentlich ist.
Wertung: (6 / 10)