Quigley der Australier (USA/AUS 1990)

In den 1980ern entwickelte Hollywood ein reges Interesse an Australien und seiner ungeachtet geteilter westlicher Ideale exotischen Beschaffenheit. Das führte zu filmischen Kultur-Clashs wie dem Kassenschlager „Crocodile Dundee“ (1986) oder dem kurzzeitigen internationalen Ruhm von Comedian Yahoo Serious („Einstein Junior“). Als dieser Trend bereits nahezu abgeebbt war, sorgte Regisseur Simon Wincer („Free Willy“) für ein weiteres Highlight, indem er „Magnum“-Star Tom Selleck in „Quigley der Australier“ nach Down Under schickte und die Mythen des Westerns unter veränderten Vorzeichen neu arrangierte.

Ein Einheimischer, wie der deutsche Titel impliziert, ist Titelheld Matthew Quigley allerdings nicht. Mehr schon ein klassischer, beinahe geckenhaft gekleideter US-Cowboy mit den Manieren eines Gentlemans. Mit Sattel und Präzisionsgewehr reist er Mitte des 19. Jahrhunderts per Schiff von Wyoming in die Fremde, um auf der entlegenen Ranch von Großgrundbesitzer Elliott Marston (Alan Rickman) anzuheuern. Der benötigt einen ausgewiesenen Scharfschützen, um die nach seiner Auffassung marodierenden Aborigines zu jagen. Nur erfährt Quigley von diesem Zweck erst nach Abschluss seiner dreimonatigen Seereise.

Rickman erweist sich, wie auch bei „Stirb langsam“ (1987) und „Robin Hood – König der Diebe“ (1991), als Parade-Bösewicht. Sein Elliott Marston ist ein despotischer Rassist, der Australiens Ureinwohner nach US-Vorbild ausrotten will. Schließlich haben die Aborigines keinen Sinn für Zivilisation. Oder Grundbesitz. Die barbarische Selbstjustiz wird von den britischen Kolonialisten gebilligt (als berittener Major: Chris Haywood, „Razorback“). Für einen prinzipientreuen Mann wie Quigley ist sie jedoch ein Affront. Der Zorn Marstons ist ihm damit gewiss. Vor allem, nachdem der Yankee seinen neuen Arbeitgeber durch eine geschlossene Glastür geschleudert hat.

Im Gegenzug wird er zusammengeschlagen und mit der als verrückt verschrienen Cora (Laura San Giacomo, „Pretty Woman“), die in Quigley ihren einstigen Gemahl Roy zu erkennen glaubt, in der Einöde zum Sterben ausgesetzt. Doch der Plan geht nicht auf. Nachdem die beiden von Aborigines gerettet wurden, holt Quigley zum klärenden Schlag gegen Marston und sein Gefolge, darunter Ozploitation-Ikone Roger Ward („Turkey Shoot“) und der junge Ben Mendelsohn („Bloodline“), aus. Das klingt zunächst rasanter, als es Wincer im Rahmen der zwei munteren Stunden Laufzeit tatsächlich eröffnet. Die Erzählung nimmt rasch Fahrt auf, investiert in Schlüsselszenen, etwa Quigleys ersten Beweis seiner Schießkunst oder Marstons über die Aborigines gebrachte Gräuel, aber die notwendige Zeit.

In der Gegenüberstellung der Opponenten bedient Wincer hingegen das hergebrachte Schema von Gut und Böse. Da ist keine Ambivalenz, keine Grauzone. Anders verhält es sich mit der Geschichte, die einerseits mit einer gehörigen Portion Humor unterfüttert wird, andererseits, wie Coras bittere Vergangenheit offenbart, aber nicht an dramatischen Tönen spart. Dass „Quigley der Australier“ die richtige Balance findet, liegt auch an der formalen Stärke, vorrangig den prachtvollen Panorama-Bildern (Kamera: David Eggby, „Mad Max“) und dem epischen, den traditionellen Western-Charakter stützenden Score Basil Poledouris‘ („RoboCop“). Ebenso überzeugend: die kernige Action. Das ungemein kurzweilige Breitwand-Abenteuer hat damit auch nach drei Jahrzehnten nichts von seiner Qualität eingebüßt.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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