Perfect Skin (GB 2018)

Richard Brake hat sich zu einer der prägnantesten Schurkenvisagen in der zweiten Reihe der Filmwirtschaft gemausert. Im Laufe seiner Karriere tötete der 55-jährige Waliser u. a. die Eltern von Bruce Wayne in „Batman Begins“ (2005), ließ als Night King in „Game of Thrones“ (2014/2015) Leichen auferstehen und komplettierte die mörderische Familie Firefly in „3 From Hell“ (2019). Dass er neben dialogarmen Rollen auch solche beherrscht, in der die Figur vorrangig durch Worte an Kontur gewinnt, belegt der britische Psycho-Horror „Perfect Skin“, in dem Brake als Tätowierer Bob alles dafür tut, seine Vision eines Meisterwerks Realität werden zu lassen.

Bereits mit dem sehenswerten Vorspann macht Regiedebütant Kevin Chicken deutlich, dass 08/15-Horror von ihm nicht zu erwarten ist: Zu pumpendem Elektrosound breiten sich betörende Farbwolken in Rorschach-Manier auf dem Bildschirm aus. Die finden ihre spätere Entsprechung, wenn Bob die Tätowier-Nadeln nach verrichteter Arbeit in Flüssigkeit taucht. Der alternde Künstler, dessen zitternde Hände implizieren, dass seine Zeit kreativer Entfaltung endlich ist, erkennt in Katia (Natalia Kostrzewa, „The Shadows“) die ideale Leinwand für seinen größten Coup. Nur ahnt die junge Polin, die nach einem gescheiterten Engagement als Au Pair von einer Londoner Zwischenbleibe zur nächsten tingelt, nichts davon.

In der lebensfrohen Lucy (Jo Woodcock, „Monochrome“) findet sie eine Mitbewohnerin und Freundin, über die sie während einer ausschweifenden Party-Nacht den in Scheidung lebenden Familienvater Bob kennenlernt. Als Lucy ihre kranke Mutter besuchen muss, nutzt er die Gunst und verschleppt Katia. Eingesperrt in ein Hinterhof-Verlies und wiederholt betäubt, belegt er die unbefleckte Haut seiner Geisel mit eigens entworfenen Bildern. Doch ist das lediglich die erste Stufe einer körperlichen Transformation, bei der Bob seine kreative Freiheit konsequent über das Selbstbestimmungsrecht seines unfreiwilligen Werkstücks setzt. Durch Lucy und die bald auf den Plan tretende Polizei ist Bob jedoch gezwungen, seine Arbeit mit zunehmend rigiden Mitteln zu verteidigen.

Wer angesichts der Prämisse auf sadistischen „Torture Porn“ spekuliert, wird zwangsläufig enttäuscht. Zwar serviert der auch am Drehbuch beteiligte Chicken vereinzelt buchstäblich unter die Haut gehende Details des körperlichen Traktats, das Schockpotential resultiert aber grundlegend aus der degradierenden Objektifizierung Katias. Hauptakteur Brake liefert eine gewohnt überzeugende Vorstellung ab. Sein gegenüber Kostrzewa bleibt hingegen blass und trägt der punktierten Intensität erst zu, wenn sich Bobs Eingriffe nicht länger verbergen lassen. Neben dem insgesamt gelungenen Look erweist sich auch das Bestreben willkommen, gängigen Horror-Klischees zu trotzen. Dem gegenüber steht allerdings ein Plot, der sich erzählerisch nur selten als zwingend erweist und insgesamt zu wenig Akzente setzt, um den Zuschauer über vereinzelt wirksame Schocks hinweg nachhaltig in seinen Bann ziehen zu können. So reicht Brakes prägnante Visage allein leider nicht aus.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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