Mandy (USA 2018)

„It’s all but a beautiful dream. A dream he is having right now. Won’t you join us in that dream?“ – Sister Lucy (Line Pillet)

Filme mit eigenem Profil sind in der Vita von Nicolas Cage („Wild at Heart“) selten geworden. Da kann sich der abgestürzte Oscar-Preisträger noch so sehr mit dem nächsten „wildesten Streifen seiner Karriere“ rühmen. Doch es gibt Ausnahmen. Glücklicherweise. Denn die unnachahmliche Tendenz zum Overacting fügt sich in manche Werke perfekt ein. Ein solches Beispiel ist „Mandy“, die zweite Regiearbeit von Panos Cosmatos („Beyond the Black Rainbow“). Mit der eifert der Sohn von „Rambo 2“-Schöpfer George P. Cosmatos vom New-Age-Eröffnungssong über das Setting bis hin zur ausgeklügelten Visualität dem Bahnhofskino der 1970er nach – und eröffnet zarte Parallelen zu Philip Ridley („The Passion of Darkly Noon“), S. Scott Zahler („Bone Tomahawk“) und Rob Zombie („The Devil’s Rejects“).

In grobkörnigen Bildern entspinnt sich die Geschichte von Holzfäller Red Miller (Cage) und seiner großen Liebe, der Künstlerin Mandy Moon (Andrea Riseborough, „Nocturnal Animals“), die im US-Hinterland des Jahres 1983 ein friedvoll-zurückgezogenes Leben führen. Das ändert sich, als Jeremiah Sands (mit Anlehnung an Charles Manson: Linus Roache, „Vikings“), selbsternannter Erlöser der Sekte „Children of the New Dawn“ – zum Gefolge zählen u. a. Ned Dennehy („Peaky Blinders“) und Olwen Fouéré („The Survivalist“) –, auf Mandy aufmerksam wird und sie unbedingt besitzen will. Dabei unterstreicht bereits die fast zweistündige Laufzeit, dass es Cosmatos nicht ums schnelle Nervenzerren geht. Entsprechend bedächtig entfaltet sich der von bemüht tiefschürfenden Dialogen geprägte Vorlauf.

„The psychotic drowns where the mystic swims. You’re drowning. I’m swimming.“ – Red

Zwischen roten Farbfiltern und ausladenden Landschaftsbildern bleibt der Auftakt allein bei Red und Mandy. Nur das sich ankündigende Unheil schwebt wie ein dunkler Schatten beständig über ihnen. Mit der Vorstellung der Sektierer wandelt sich der Plot vom suggestiven Psycho-Horror zum splattrigen Grindhouse-Thriller. Die Inkludierung motorisierter Bergbewohner mit echsenhaften Zügen sorgt für absurde Töne, die zum Facettenreichtum der Gesamtanmutung beitragen (ein weiteres Highlight: der „Cheddar Goblin“-Werbespot). Die Spirale der Gewalt wird mit Mandys Entführung in Gang gebracht. So schlägt in Hälfte zwei die Stunde des Nicolas Cage – mit entfesselter Mimik, die den Charakter des Films trefflich stützt. Allein die Badezimmer-Szene offenbart, mit welcher Intensität Cage selbst in derartigen Rollen aufgeht.

Der Verzweiflung folgt die Rache. Mit Armbrust und selbstgeschmiedeter Axt macht sich Red daran, das „verrückte Böse“ auszumerzen. Mehr Plot gibt (und braucht) es nicht. An der gnadenlosen Vergeltung einschließlich phallisch aufgeladenem Kettensägen-Duell besteht kein Zweifel. Ebenso wenig an der Simplizität der Erzählung. Stil geht über Substanz. Und Spannung. Allein: es schadet nicht. Zwar dürfen die kurzen Animationssequenzen als Indiz tendenzieller Überfrachtung ausgelegt werden, die spielstarken Mimen – in prägnanten Randrollen treten Bill Duke („Predator“) und Richard Brake („3 From Hell“) in Erscheinung – und das vielseitige Stimmungsbild bürgen jedoch für ein eigentümliches Filmerlebnis. Fraglos ist „Mandy“ nicht für jede Klientel bestimmt; und doch bleibt der von Schauspieler Elijah Wood („Alexandre Ajas Maniac“) produzierte Retro-Schocker in seiner künstlerischen Ambivalenz außergewöhnlich. Solche Auftritte darf es von Cage gern häufiger geben.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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