One Step Ahead – Wenn alles einbricht (2021, Save the Scene Records/Riot Bike Records)

„Punk ist für euch doch nur ein Business / Niemals spontan, alles nach Plan / Punk ist für euch eine Maschine / Für mehr Gewinne und ganz große Zahlen“ – ‘Punk und Business‘

Die Salonfähigkeit des Punks lässt sich nicht bezweifeln. Auch nicht die der deutschsprachigen Variante, die durch DIE TOTEN HOSEN, BROILERS & Co. längst zu Dauerbrennern in den Charts avanciert ist. Mit dem Punk-Begriff und mehr noch dem zugehörigen Idealismus lässt sich der Charakter der vorgenannten Bands allerdings nur noch eingeschränkt erfassen. Umso mehr lohnt der Blick ans andere Ende der Kommerzkette, respektive in Richtung jener Vertreter*innen, die dem Inhalt mehr Bedeutung beimessen als der Form – und die sich um den Verbreitungsgrad ihrer Musik eher zweitrangig scheren.

Eine solche Combo ist ONE STEP AHEAD. Mit DIY-Credo und dem nötigen Willen zur politischen Veränderung versteht sich das sächsische Trio als Stachel im Fleisch einer Gesellschaft, in der Ausgrenzung sowie Ungleichbehandlung zum Alltag gehören und der öffentliche Diskurs beständig nach rechts verschoben wird. Dass auch ihr Name im sächsischen Verfassungsschutzbericht hätte auftauchen sollen, ist nicht allein Beleg für die hufeiserne Blindheit vieler Staatstragender, sondern auch Unterstrich einer Haltung, die berechtigte Kritik in alle Richtungen streut. Die eigene Szene mit eingeschlossen.

„Die ‘Asylflut‘ wollt ihr stoppen / Die unser Land bedroht / Es wird maßlos übertrieben / Die Geschichte hat uns eingeholt / Verrohung der Sprache / Bedeutungslos die Toleranz / Die Grenze wird verschoben / Zwischen Scham und Akzeptanz“ – ‘Neue Maßstäbe‘

Mit ihrer zweiten Platte, „Wenn alles einbricht“, leistet das Dreigestirn einen bemerkenswerten Beitrag zur gegenwärtigen Front des (Deutsch-)Punks. Die zehn Tracks, deren Umfang die Marke von drei Minuten beständig reißt, widerstreben dem Trend stadionrockiger Schunkelatmosphäre bereits durch ihre schrabbelig-grölige Grundtonalität. ONE STEP AHEAD richten ihre Musik mehr auf Effektivität denn Gefälligkeit aus, vernachlässigen darüber aber keineswegs den Abwechslungsreichtum; oder das vokale Mitschmetter-Potential.

Raue Brecher wie „Die Stadtmauer, dein Tellerrand“, „Neue Maßstäbe“, „Wird es so weitergehen“ oder „Punk und Business“ packen, auch dank des melodischen Spektrums, vom Fleck weg. Dass die Texte nicht immer verständlich sind, erweist sich als Vorteil – schließlich wird somit die nähere Beschäftigung mit Booklet/Textblatt samt kontextueller Erläuterungen forciert. Mit dem einzigen englischsprachigen Beitrag, dem durch das Cover reflektierten „Red and Black“, wird zudem der Street-Punk gestreift, während das auf Spanisch intonierte „Segundo Hogar“ die Internationalität unterfüttert. Von dieser geballten Authentizität könnten sich die mehr im Rampenlicht stehenden (oder in selbiges strebenden) Punk-Verfechter*innen eine meterdicke Scheibe abschneiden!

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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