Lulu & die Einhornfarm – Alles klärchen Bärchen (2023, Bakraufarfita Records)

So was Unerhörtes! Da wiegen LULU & DIE EINHORNFARM die Zuhörenden mit ihrem zweiten Album, „Alles klärchen Bärchen“, durch Bandnamen und Plattentitel in wohlige Sicherheit, nur um musikalisch danach zünftig garagige Schläge vors Fressbrett zu verteilen. Selbstredend ist dieser Kulturschock allein lauschenden Geistern vorbehalten, die im Vorfeld nicht um das Wirken von THE TOTEN CRACKHUREN IM KOFFERRAUM-Sängerin Luise Fuckface und ihren Spießgesellen wissen. Aber rüttelt das an der angestrebten Wirkweise? Eben!

Im Zuge der elf Stücke geht’s wahrlich ans Eingemachte. Oder Eingemannte. Denn aufs Patriarchat wird all das geschissen, was im Eröffnungstrack nicht in die Fernreisebustoilette gekackt werden darf. So wird bei „Bau mir nen Schrank“ zur Umkehr von Geschlechterklischees ausgeholt, während das zart eingeleitete „Dickpic“ keiner zusätzlichen Erörterung bedarf. Mit „Ich bin eine Schlampe“ wird obendrein die (weibliche) Freiheit wechselnder Sexualpartner*innen untermauert.

Die mit Berliner Schnauze veredelten Texte sind dabei so direkt wie herrlich simpel, wenn die eigene Unzulänglichkeit besungen wird (siehe „Keine Kontrolle“ oder „Ich bin so lustig, wenn ich betrunken bin“), das Antifa-Vogelgeschwader „Nazis zuscheißen“ soll, mit Unterstützung von Chris Kotze (KOTZREIZ) Kritik an Polizei-Präsenz geübt wird („Überall Bulln“) oder der Erwerb des neuen iPhones zur Spiegelfläche der Konsumgesellschaft gerät („Morgen kommt das neue iPhone“). Daneben weht ein Hauch von Ostalgie aus den Boxen, wenn „Cabinet würzig“ zur in den Text integrierten Hustattacke einlädt. Und wenn schon sämtliche Tracks Erwähnung finden, darf die Selbstverbesserungsode „Ich bin motiviert“ keinesfalls vergessen werden. Serviert wird der kurzweilige Reigen in Form von tempo-orientiertem Schrabbel-Punk, bei dem das betonte Weniger immer aufs übergeordnete Mehr einzahlt. Aber alles andere wäre aber auch echt unerhört!

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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