„Wir haben uns zu moralisch sehr bedenklichen Menschen entwickelt. Diese Maschine, sie ist nicht gut. Das ist Teufelswerk!“ – Ausdruck später Einsicht: Paul
Die Achtziger sind zurück. Egal ob in Film- und Serienkultur oder auch in der Musik: Retro ist wieder chic. Der nostalgische Nerv zielt selbstredend auf ein Zeitzeugen-Publikum, das beim Bad in schwelgerischer Erinnerung Emotionssphären einer besseren (oder zumindest simpleren) Ära aufleben lässt. Diesem Trend folgt auch das aufwendig produzierte Hörspiel „Video-Integrator“, das die Prämisse der Kinoposse „Die Einsteiger“ (1985) mit Horror-Stoffen des Schlages „Freitag der 13.“ vermengt.
Die Richtung gibt der einleitende Blick auf den grimmigen Schlussakt vor, wenn Hausmeister Bauer (einer von vielen etablierten Sprechern: Werner Wilkening, „Geisterjäger John Sinclair“) von einer maskierten Gestalt abgeschlachtet wird. Die „spritzigen“ Soundeffekte machen das Geschehen unmittelbar erlebbar, so dass einem zünftigen Kopfkino-Ausflug nichts im Wege steht. Im Gegenteil: Nachdem das an „Stranger Things“ angelehnte Synthie-Hauptthema (die Musik steuerte OCTAGAIN bei) der allgegenwärtigen Retro-Prämisse weitere Rechnung getragen hat, entspinnt sich ein irrwitziger Trip an der Schnittstelle von Twen-Comedy, Science-Fiction und Horror.
„Dazu möchte ich lieber gar nichts sagen.“ – Ein-Satz statt Einsatz: Dominik
Als Hauptfiguren dienen die Studien-Freunde Max (Kevin Kasper, „Blood Red Sandman“), Mark (Felix Strüven, „Ghostsitter“), Paul (Toni Michael Sattler) und Dominik (Marvin Kopp). Von seinem verstorbenen Onkel Mike (Stimmen-Parodist Michael Birkenfeld) bekommt Max eine mysteriöse Maschine vererbt – den „Video-Integrator“. Der ermöglicht, wie bei besagtem „Die Einsteiger“, den Transfer in Filmwerke. Und als wenn der Oheim nicht bereits Anspielung auf Hauptdarsteller Mike Krüger genug wäre, erwähnt er im Rahmen seiner erklärenden Tonaufnahme auch noch den alten Gefährten Tommy (Gottschalk).
Zunächst muss der antiquierte Apparat abseits der eigentlichen VHS-Kompatibilität (erste Versuchsreihen vollziehen sich in einem alten Spaghetti-Western) für die Anbindung an Blu-ray-Player und Streaming-Dienste modifiziert werden. Dass die Handhabung ihre Tücken birgt und bald ein erstes Opfer zu beklagen ist, hält die Gruppe jedoch nicht davon ab, das System als „digitales Bordell“ zu monetarisieren. Denn der Video-Integrator macht die Im-Film-Erlebnisse mit allen Sinnen erfahrbar. Im Positiven wie im Negativen.
„Mädchen, Kontext, ich brauch‘ Kontext. […] Na komm jetzt, lass dir nicht alles aus der Nase rausziehen du, Titten aufn Tisch!“ – Cholerische Nord-Atze: Günni
Die durch das einzigartige Geschäftsmodell der Freunde ausbleibende Kundschaft treibt jedoch den Lokal-Luden Günni (großartig: Dirk Hardegen, „Drachenlanze“) auf die Barrikaden. Endgültig in die Katastrophe mündet das Unterfangen, als Kommilitone Siggi (Marco Rosenberg), mit dessen Freundin Konstant-Quertreiber Mark eine Affäre hatte, Sexfilm durch Slasher ersetzt und der erfundene Killer vom „Haddonlake Park“ bald auch in der Realität sein Unwesen treibt.
Das von Thomas Plum verfasste und von Kim Jens Witzenleiter („MIG – Men in Green“) umgesetzte Hörspiel setzt mit derbem „Porkys“-Humor und makabren Spitzen (die Altersempfehlung ab 12 Jahren wirkt mitunter doch etwas niedrig gestapelt) voll auf Übertreibung. Dabei verfügt das Anspielungsreiche Geschehen – zitiert werden u. a. „Das Leben des Brian“ (1979) und „Westworld“ (1973) – über genug Tempo, um die 80 Minuten Spielzeit wie im Flug vergehen zu lassen. Keineswegs verpasst werden sollte übrigens die Post-Credit-Sequenz mit „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Anklang!
Auffällig ist der Verzicht auf einen allwissenden Off-Sprecher, was das Geschehen mit Eingreifen des Film-Schlitzers streckenweise etwas „unübersichtlich“ gestaltet. Erzählerisch bleibt „Video-Integrator“ dennoch rundum gelungen, was etwa die originelle Überschneidung von Dialogteilen aus Marks Öffentlichkeitsarbeit im Studentenumfeld und der gemäßigten Programmauswahl seiner Kumpane unterstreicht. Ein stattlicher Spaß abseits politischer Korrektheit – und das nicht allein für 80’s-Nostalgiker.
Wertung: (8 / 10)