„You think that I am not a hunter like you. That I am not a threat. That is what makes me dangerous.“ – Naru
Am Ende von „Predator 2“ (1990) wurde deutlich, dass die irdischen Jagdausflüge des extraterrestrischen Kriegervolkes weit länger zurückreichen als es die erste Begegnung vermuten ließ. Es erschien daher fast überfällig, dass die weitgehend auf alleinstehenden Filmen fußende Saga den Blick in die Vergangenheit richtet. Dabei ist „Prey“ der erste Beitrag der Reihe, der nicht für die große Leinwand produziert wurde, sondern seine Premiere beim Streaming-Dienstleister Disney+ (bzw. Hulu) feierte. Gerade gemessen an den prächtigen Naturaufnahmen ein bedauerliches Versäumnis.
Seine Schauwerte entfaltet der – die beiden Überschneidungen mit der „Alien“-Reihe eingerechnet – siebte „Predator“-Auftritt aber auch auf kleinerem Screen. Das liegt u. a. daran, dass die Veränderung von Setting und Perspektive die Möglichkeit eröffnet, die Basis (Science-Fiction trifft Action trifft Horror) mit Coming-of-Age-Motiven anzureichern. Denn im Zentrum der von Patrick Aison („Wayward Pines“) verfassten und im Jahr 1719 angesiedelten Geschichte steht die heranwachsende Naru (unverbraucht und ausdrucksstark: Amber Midthunder, „Roswell, New Mexico“). Ihre Rolle im (fälschlicherweise in den Northern Great Plains verorteten) Komantschen-Stamm beschränkt sich auf Medizinkenntnisse, was sie jedoch nicht davon abbringt, sich als Jägerin beweisen zu wollen.
Der femininen Warte und dem daran geknüpften Bestreben, sich in einem patriarchalen Milieu durchzusetzen, liegt eine treffende Aktualität zugrunde. Mehr noch verleiht Regisseur Dan Trachtenberg („10 Cloverfield Lane“) der Gegenüberstellung von Mensch und Monster über die Jagd ein gemeinsames Fundament. Für beide Seiten ist es ein Ritual, nach dem (bei Ausklammerung des natürlichen Kreislaufs zur Überlebenssicherung) die Anerkennung steht. Nicht umsonst wird der in seiner Erscheinung archaischer figurierte Predator (Dane DiLiegro, „American Horror Stories“) in der Wildnis ausgesetzt, um sich mit den stärksten Lebewesen zu messen. Schlange, Wolf und (der nur zu offenkundige CGI-)Bär sind da nur der Anfang der Gegnerkette.
Zu Beginn wird der indigene Alltag umschrieben; ruhig und dialogarm. Als ein Stammesmitglied von einem Berglöwen attackiert wird, soll die Jagd auf das Tier zu Narus Reifeprüfung werden. Doch die junge Frau scheitert. Richten muss es ihr angesehener Bruder Taabe (Dakota Beavers). Narus Argwohn ist trotzdem geweckt, immerhin stieß sie auf Spuren des fremden Jägers, der durch seine Tarnvorrichtung und das überlegene Waffenarsenal schier unbezwingbar wirkt. Als er auf die herumstreunende Naru und ihren Hund aufmerksam wird, scheint ein Duell unausweichlich. Auf dem Weg dorthin steht aber noch eine Gruppe französischer Pelzjäger (darunter Troy Mundle, „The Stand“), die sich der Präsenz der unheimlichen Entität ebenfalls gewahr sind.
Obwohl der Ablauf vorhersehbar erscheint, eröffnet Trachtenberg genug Variationsspielraum, um „Prey“ zu einer überraschend vielschichtigen Ergänzung des Themas zu machen. Integraler Teil des Repertoires sind Anspielungen an die Vorgänger, darunter die Trapper-Muskete oder das klassische „If it bleeds… We can kill it“-Zitat. Der Actionanteil bleibt zunächst gedrosselt, sorgt gegen Ende aber für ein teils spektakuläres Mehr, bei dem der Predator sattsam zur Tat schreitet. Die Gewalt bleibt vielfach angedeutet (oder durch den Tarnmodus des Außerirdischen verschleiert), bietet dem Original entsprechend aber manch offensivere Szene. Dass der finale Schlagabtausch Narus Entwicklung Hollywood-typisch überhöht, mindert die Gesamtqualität mitnichten. Kurzum: die bislang beste Fortsetzung des 80’s-Klassikers.
Wertung: (7 / 10)