Helloween – Pink Bubbles Go Ape (1991, EMI)

Gemeinhin wird „Chameleon“ (1993) als das schwächste Album in der Vita von HELLOWEEN bezeichnet – zumindest in der ersten Ära mit Beteiligung von Stimmgewalt Michael Kiske. Zu üppig erscheint die Experimentierfreude, zu umfänglich die Abkehr vom angestammten Power-Metal-Sound. Tatsächlich wurde diese Entwicklung in Teilen bereits vom Vorgänger „Pink Bubbles Go Ape“ vorweggenommen, dessen Ideenfundus einen kryptischen Höhepunkt im Einleger-Foto findet, das drei Bandmitglieder mit Spiegeleiern auf den Augen zeigt. Aber es heißt schließlich nicht umsonst: Das Auge isst mit.

Dabei zeigen sich die Hamburger nach balladeskem Titeltrack-Intro (wehe denen, die beim ersten Hördurchgang reflexartig die Lautstärke erhöhten!) zunächst von ihrer besten Seite: Das gesellschaftskritische „Kids of the Century“ ist ein Hit mit reichlich Dampf und großartigem Refrain. Nur können die meisten der übrigen Beiträge diesem kaum das Wasser reichen. Trotzdem gibt es wieder große Momente zu verzeichnen, etwa das unter der verspielten Oberfläche momentweise auf die Speed-Metal-Wurzeln verweisende „Back On the Streets“ oder das epische, Kiske im Refrain sämtliche Stimmhöhen abverlangende „Mankind“.

Dennoch muss dem vierten Langspieler des Klassikers ein dezenter Abfall an Begeisterungsfähigkeit attestiert werden. Dabei dürfen sich Fans der Kürbisköpfe auch mit dem humorigen „Heavy Metal Hamsters“, „Goin‘ Home“, „Someone’s Crying“ (wieder mit unterschwelligem Speed-Metal-Anteil) und „The Chance“ souverän bedient – und unterhalten – fühlen. Nur erreichen diese einfach nicht vollends die durchschlagende Qualität des voranstehenden „Keeper of the Seven Keys“-Zyklus. Der geringere Nachhall ist, wie etwa das mit seltsam dissonantem Refrain versehene „I’m Doin‘ Fine, Crazy Man“ offenlegt, jedenfalls nicht allein dem durch juristische Querelen mit ihrem Ex-Label Noise International geschuldeten Veröffentlichungsverbot jener Zeit in Deutschland zuzuschreiben.

Dieses nämlich führte dazu, dass „Pink Bubbles Go Ape“ zunächst nur als Import zu bekommen war und im Bewusstsein des Zielpublikums daher kaum stattfand. Hinzu kommt, dass die Entwicklung von HELLOWEEN nach dem Ausstieg von Ur-Frontmann Kai Hansen auf einen wandlungsreicheren, insgesamt aber auch gezähmteren Sound zielte. Das äußert sich etwa in den Balladen „Number One“ und „Your Turn“, wobei dem zweitgenannten Final-Track gar Americana-Anflüge anhaften. Wer die wenig sinnstiftenden „Keeper…“-Vergleiche ausblenden kann, erlebt ein vielseitiges und definitiv entdeckungswürdiges Metal-Album, dessen Entwicklung – gerade mit der eigenwilligen Zuspitzung „Chameleon“ – aber bis heute zweigeteilte Meinungsbilder heraufbeschwört.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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