Green Day – 1,039/Smoothed Out Slappy Hours (1991, Lookout! Records)

Mit GREEN DAY musste bereits gerechnet werden, als sie im Grunde noch kein Schwein kannte. Den Beleg liefert „1,039/Smoothed Out Slappy Hours“, ihr 1991 via Lookout! Records vorgelegter Albumerstling. Doch halt! Selbst wenn die Platte gemeinhin als Debüt der Kalifornier gilt, bildet sie doch eine Kompilation des eigentlichen Auftakt-Langspielers „39/Smooth“ (1990) sowie der beiden EPs „1,000 Hours“ (1989) und „Slappy“ (1990). Nur die ebenfalls vorausgehend präsentierte EP „Sweet Children“ (ebenfalls 1990), deren Titel den ursprünglichen Bandnamen von GREEN DAY reflektiert, wurde erst als Dreingabe des Nachfolgers „Kerplunk“ (1991) zugänglich gemacht. Man kann eben nicht alles haben.

Der wahre Erstling: „39/Smooth“

Dass die Soundqualität nur schwer mit den späteren Major-Outputs des Trios vergleichbar ist, ändert wenig an der bereits früh offenbarten Gefälligkeit. Denn mit „At the Library“ (ursprünglicher Titel: „At the Library with Waba Sé Wasca“), „Don’t Leave Me“ und „I Was There“ servieren GREEN DAY gleich zum Einstieg amtliche Hits, die dank Melodien, Vorwärtsdrall und zum Mitschmettern einladenden Refrains unweigerlich mitziehen. Doch auch das leicht melancholische „Disappearing Boy“, „Going to Pasalacqua“, „16“ oder „Road to Acceptance“ stützen den Eindruck, dass das seinerzeit noch mit Ur-Drummer John Kiffmeyer versehene Dreigestirn früh klare Vorstellungen hegte, wie ihre Version des melodischen, bisweilen ins Poppige driftenden Punks klingen sollte.

Die Gitarre von Sänger Billie Joe Armstrong bietet dabei ein paar vom üblichen Drei-Akkorde-Duktus abweichende Impulse (etwa bei der Slacker-/Kiffer-Ode „Green Day“ oder dem finalen „The Judge’s Daughter“). Doch bleiben die zehn Tracks vorrangig das vielversprechende Wirken dreier Heranwachsender (Armstrong zählte zur Zeit der Aufnahmen gerade einmal 18 Lenze), die ihren Platz in der Manege des Punk-Zirkus längst nicht ausgelotet hatten. Dafür spricht auch, dass die stilistische Breite bisweilen noch recht eingeschränkt erscheint; so wirkt etwa die Ballade „Rest“ mehr holprig als emotional ansprechend. Trotzdem schufen GREEN DAY eine grundsolide Basis für die spätere Entwicklung. Der Rest ist ohnehin altbekannte (Rock-)Geschichte.   

Die Vorgänger-EPs: „Slappy“ & „1,000 Hours“

Mit ihrer zweiten EP „Slappy“ begannen GREEN DAY ihren Sound in die später bekannte Richtung zu lenken. Allerdings weist „Paper Lanterns“, der erste der darauf verewigten vier Songs, im direkten Vergleich mit den „39/Smooth“-Beiträgen nur geringfügigen Variationsspielraum auf. Das wiederkehrende Powerchord-Fundament wird bei „Why Do You Want Him?“ und „409 in Your Coffemaker“ durch nette Refrains und rockige Gitarreneinlagen aufgewertet, so dass der Unterhaltungswert keinesfalls geringeschätzt werden sollte. Rausschmeißer dieses Blocks ist ein reduziertes, Country-influenziertes Cover des OPERATION IVY-Smashers „Knowledge“. Jesse Michaels, Frontmann des kurzlebigen Ska-Punk-Klassikers, steuerte übrigens das Cover zu „39/Smooth“ bei, das von Lookout! für die nachgereichte Werkschau „1,039/Smoothed Out Slappy Hours“ ebenfalls übernommen wurde.

In der Output-Reihung am Ende steht der Anfang, respektive die erste GREEN DAY-Veröffentlichung „1,000 Hours“. Deren vier Beiträge ranken sich vorrangig um amouröse Belange und mehr noch unerwiderte Zuneigung. Das führt beim Titeltrack (und dem beschließenden „The One I Want“) durch mehrstimmige Gesangsparts zu gediegenen Spitzen, die sich bei „Dry Ice“ – auch durch die schwermütigen Untertöne – bereits der späteren Gangart nähern. „Only of You“ steht in diesem Kontext ein wenig zurück, wobei nicht vergessen werden darf, dass die Jungs hier buchstäblich noch Jungs waren. Den Schlusspunkt der Kompilation bildet der eingängige Sampler-Beitrag „I Want to Be Alone“, der auf den Re-Releases ab 2009 aber keine Berücksichtigung mehr fand. Damit bietet die Zusammenstellung aus der Frühphase einer der erfolgreichsten Bands unserer Zeit fast eine Stunde (moderne) Punk-Nostalgie, die ihren Reiz bis heute aus der charmanten Unfertigkeit schöpft.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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