Green Day – Kerplunk (1991, Lookout! Records)

Zu Beginn ihres Werdegangs hätten GREEN DAY wohl kaum geglaubt, dass sie einmal zu den populärsten (und obendrein bestverdienenden) Bands des Planeten zählen würden. Dabei bringt bereits ihr zweiter Langspieler, „Kerplunk“, alles mit, was den Sound des Trios in den zunehmend erfolgreichen Tagen prägen sollte: unterschwellig poppigen Punk-Rock mit hymnischen Refrains und lakonischen Zwischentönen. Auf Lookout! Records, seinerzeit Heimat u. a. von OPERATION IVY, AVAIL und THE MR. T EXPERIENCE, durften sie sich daher gut aufgehoben fühlen – selbst wenn der karrieristische Quantensprung erst mit dem Genre-Referenzwerk „Dookie“ (1994) erfolgen sollte.

Der Weg zum Weltruhm wurde jedoch von „Kerplunk“ geebnet, dessen überraschender Erfolg (über die Jahre wurde die Scheibe, auch durch Re-Releases von Major Reprise und dem europäischen Ableger von Epitaph Records weltweit mehr als vier Millionen Mal verkauft) die Jungspunde – Frontmann Billie Joe Armstrong stand kurz vor seinem 20. Geburtstag – ins Visier größerer Label führte; darunter der kommende Langzeitpartner Reprise. Die Marschrichtung des Debütalbums „39/Smooth“ (1990) führte GREEN DAY mit dem Folgewerk konsequent fort. Mit dem Opener „2,000 Light Years Away“, bei dem OPERATION IVY-Sänger Jesse Michaels an der Musik mitschrieb, sind die Jungs, in deren Reihen erstmals Drummer Tré Cool mitwirkte, sofort auf Betriebstemperatur. Kein Wunder, dass sich die Nummer in Fankreisen bis heute gesteigerter Beliebtheit erfreut. 

Wie nahe sie der „Dookie“-Qualität bereits waren, unterstreicht nach dem nicht minder einnehmenden „One For the Razorbacks“ der Klassiker „Welcome to Paradise“, der für den internationalen Durchbruch gleich neu eingespielt wurde und als Brückenschlag zwischen Indie- und (anfänglicher) Major-Phase fungiert. Beim melancholisch getriebenen „Christie Road“, das sich erst im Schlussdrittel gesteigertem Tempo öffnet, offenbaren GREEN DAY zudem rockige Qualitäten. Der Reifeprozess ist unverkennbar; aus ihm sprießen auch Hits des Kalibers „One of My Lies“, „80“, „Android“ oder „Who Wrote Holden Caulfield?“. Obendrein fügt sich Publikumsliebling Tré Cool mit der absurden, vom ihm selbst intonierten Redneck-Country-Sexfantasie „Dominated Love Slave“ denkwürdig ein. Damit hat „Kerplunk“ auch mehr als dreißig (!) Jahre nach der Erstveröffentlichung nichts von seiner Wirkweise verloren und darf mehr noch als moderner Punk-Klassiker eingeordnet werden, der dem weit populäreren „Dookie“ nur unwesentlich nachsteht.   

Bonus-Dreingabe: Die „Sweet Children“-EP

Die auf MC- und CD-Versionen als Bonus gereichte „Sweet Children“-EP von 1990 (die originale Vinyl-Version erschien über Skene! Records) rangiert von diesem Status deutlich entfernt. Die vier Tracks, deren Überschrift auf den ursprünglichen Namen von GREEN DAY verweisen, zählen zu den frühesten songschreiberischen Ertüchtigungen von Armstrong & Co. Entsprechend rau und unfertig mutet das Material an, bei dem der Titeltrack samt altschulisch reduziertem Refrain die Richtung vorgibt. Bei „Best Thing in Town“ sticht, wie so oft in den Anfangstagen von GREEN DAY, primär der rockige Gitarrenabstecher hervor. Den späteren Stil streifen hingegen die Breaks in „Strangeland“, das aber ebenfalls vorrangig für beinharte Komplettisten entdeckungswürdig anmutet. Mit „My Generation“ versuchten sich die Frischlinge obendrein an einem Cover des THE WHO-Evergreens, ohne diesen für sich gewinnbringend interpretieren zu können. Das (Sammler-)Interesse an „Sweet Children“ fußt daher auch vorrangig auf dem Raritätenstatus der 7“-Erstpressungen.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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