„I’ll never be a mud hippie!“ – Billie Joe Armstrong
Der Auftritt von GREEN DAY beim Woodstock-Festival 1994 ist legendär. Deutlich legendärer als die Neuauflage des geschichtsträchtigen Events insgesamt. Bei der Erstauflage 1969 ging es, neben der Musik, um eine politische Protesthaltung. Es war die Ära der Hippies, die sich gegen verkrustete Sozialstrukturen und nicht zuletzt den Krieg in Vietnam erhoben. 25 Jahre später stand das Spektakel im Mittelpunkt. Dem wurde nach heftigen Regenfällen durch manche Schlammschlacht – im Falle von GREEN DAY zwischen Frontmann Billie Joe Armstrong und dem Publikum – Nachdruck verliehen.
Im sich mehrenden Sensationserfolg ihres wenige Monate zuvor veröffentlichten Albumdurchbruchs „Dookie“ konnten GREEN DAY mit ihrer Performance – und insbesondere ihrer Reaktion auf die Richtung Bühne geschleuderten Matschbüschel – einen nachhaltigen Popularitätsschub verzeichnen. Durchaus beliebt blieben auch Mitschnitte des Konzerts – wenn auch lange beschränkt auf Bootlegs von arg bescheidener Qualität. Das änderte sich erst 2019, als Reprise Records „Woodstock 1994“ zum 50. Jubiläum des initialen Woodstock-Festivals und 25 Jahre nach dem Nachfolger als limitierte Vinyl-Version auflegte. Um das gesamte Ausmaß dieses denkwürdigen Auftritts zu erfassen, bedarf es neben dem Ton allerdings das zugehörige Bild.
„Don’t smoke the brown weed!“ – Billie Joe Armstrong
Doch seien wir ehrlich: Die zehn dargebotenen Songs überhaupt in angemessener Audioqualität erleben zu können, ist ein Vergnügen, von dem Fans eine gefühlte Ewigkeit nur träumen konnten. Das Set streift abseits diverser „Dookie“-Beiträge – neben den hintereinander gespielten Auskopplungen „Longview“, „Basket Case“ und „When I Come Around“ sind es „Welcome to Paradise“, „Chump“, „Burnout“ und „F.O.D.“ – auch die Lookout!-Ära: Das an zweiter Stelle eingebrachte „One of My Lies“ wird von Billie Joe mit „This is of one of our records no one has.“ eingeführt, während das große Finale „Paper Lanterns“ in der Hauptsache von Bassist Mike Dirnt und Drummer Tré Cool begleitet wird. Ihr Sänger nämlich nahm eine Auszeit, um den Pulk seinerseits mit Dreck zu beschmeißen, den blanken Arsch zu präsentieren sowie einen auf die Bühne stürmenden Jungen Richtung Mikro zu tragen und die BEASTIE BOYS anstimmen zu lassen.
All das geht auf Platte unter. Und doch es ist ebenso prägender Teil der Geschichte, wie der sich im Bühnenmatsch suhlende Dirnt, der von einem Ordner versehentlich niedergerungen wurde und einen Zahn verlor, oder die derben, selbstredend frenetisch gefeierten Beleidigungen gegen das Publikum. Damit wurden GREEN DAY beim Woodstock 1994 zur Legende. Dessen einziger Wehrmutstropfen bleibt, dass die zum Record Store Day veröffentlichte Vinyl-Version das Spektakel in der offiziellen Tonträgerauswertung unnötig exklusiv gestaltet. Zum Erträumen bleibt also immer noch ein bisschen Raum übrig.
Wertung: (8 / 10)