Stephen Kings Romandebüt „Carrie“ wurde zugleich die erste Verfilmung. Dutzende folgten; mit oft bescheidenem Resultat. Doch nicht bei Brian De Palma („Scarface“), dem zwischen Meisterregisseur und Hitchcock-Epigonen wabernden Kinokünstler. Er formt die dokumentarisch angehauchte Vorlage zu einer stringent erzählten Allegorie auf die Bürde des Erwachsenwerdens und zeichnet anbei ein kritisches Bild über religiösen Fanatismus. Der, ausgehend von der dominanten Mutter, schottet eine Teenagertochter vor der pubertären Normalität ab – und führt im Zusammenspiel mit sozialem Ausschluss zur Katastrophe.
Denn diese Carrie White, intensiv verkörpert von Sissy Spacek („Badlands“), begegnet ihrem Bündel Traumata aus häuslicher Isolation und schulischer Bloßstellung vermehrt mit Aggression. Nur äußert sich die über Phänomene, die das junge Ding unkontrollierter Kraft ihres Geistes auslöst. Verdeutlicht wird das bereits im unbequemen Auftakt, bei dem Carrie ihre erste Monatsblutung, deren Kommen die Mutter (bemerkenswert abstoßend: Piper Laurie, „Gottes vergessene Kinder“) beharrlich verschwieg, ausgerechnet in der Dusche nach dem Sport erleidet. Die Hysterie ihrer Unwissenheit ist natürlich fruchtbarer Boden für den Spott der Mitschülerinnen.
Kaum bemerkt wird dabei das Bersten einer Lampe, der im Büro des wenig verständnisvollen Rektors noch die Zerstörung eines per Gedankenkraft bewegten Kaffebechers folgt. Die Schule schiebt die aufklärerische Verantwortung der Mutter zu, die Carries erwachende Sexualität aber als Teufelswerk verdammt und zur Züchtigung ausholt. Über die despotische Erzeugerin hinweg setzt sich das Mädchen erst, als es eine Einladung zum Abschlussball erhält. Während dem aber planen einige Schüler – angeführt von P.J. Soles („Halloween“) und John Travolta („Grease“) – einen grausamen Streich.
Die warmen, farbgesättigten Bilder stehen im bitteren Kontrast zur ergreifenden, schier unausweichlichen Tragödie. Unter fingierten Vorzeichen zur Ballkönigin gekürt, ergießt sich auf der Bühne ein Eimer Schweineblut über Carrie, der beim Hinabstürzen auch noch ihren Begleiter erschlägt. In einem mit Split Screens veredelten Inferno fackelt die Außenseiterin daraufhin Gebäude und Schülerschaft ab, ehe zu Hause auch die Fronten zwischen Mutter und Tochter ein für allemal geklärt werden. Ein starkes, intelligentes und erschütternd gespieltes Horror-Melodram, bei dem der Schrecken mal nicht in bekannter Form durch die Nacht schleicht. Besser wurde King nur selten auf die Leinwand gebracht.
Wertung: (8 / 10)