Alte Misere in neuer Verpackung: Trotz schicker Aufmachung ist Universums Bruce Lee-Kollektion eine mittelschwere Enttäuschung. Die optisch hervorragend umgesetzte Box – als kreuzförmig aufklappbares Digi-Pack mit integrierten original Filmplakaten – beinhaltet die Martial-Arts-Klassiker „Die Todesfaust des Cheng Li“, „Todesgrüße aus Shanghai“, „Die Todeskralle schlägt wieder zu“ und „Mein letzter Kampf“ nur in den gewohntermaßen zensierten deutschen Fassungen (ohne den Originalton). Ungekürzt beigefügt wurde hingegen die bereits 1977 produzierte Dokumentation „Die Legende“, in der Freunde und Weggefährten Lees zu Wort kommen und Einblicke in Philosophie, Arbeitsweise und Leben der 1973 verstorbenen Kampfkunst-Legende gewährt werden.
Im November 1940 wurde Bruce Lee als Lee Siu-Lung in San Francisco geboren und wuchs sogleich in die Schauspielerei hinein. Bereits mit Vollendung des 18. Lebensjahres konnte er auf rund 20 Filmauftritte verweisen. Doch dauerte es bis 1966, ehe sein Stern zu leuchten begann. In Hongkong hatte er während der fünfziger Jahre beim legendären Yip Man die Kunst des Wing Chun erlernt und eröffnete 1963 in Seattle, während seines Studiums der Philosophie, seine erste eigene Kampfschule. Durch eine öffentlichkeitswirksame Vorstellung seines Könnens erregte er die Aufmerksamkeit des TV-Produzenten William Dozier, mit dem Lee die frühzeitig abgesetzte Serie „The Green Hornet“ drehte.
Im Gegensatz zum amerikanischen Raum erfreute sich diese in China großer Beliebtheit und veranlasste diverse Produzenten, darunter die einflussreichen Shaw Brothers, dem aufstrebenden Star einen Vertrag anzubieten. Das überzeugendste Angebot unterbreitete ihm Golden Harvest-Eigner Raymond Chow, mit dem Lee trotz seiner Bestrebungen, in Amerika Fuß zu fassen, „Die Todesfaust des Cheng Li“ und „Todesgrüße aus Shanghai“ drehte. Beide Filme wurden sensationelle Erfolge, veranlassten den Hauptdarsteller durch mangelnde Freiheiten und tendenziöse politische Anfeindungen – „Todesgrüße aus Shanghai“ machte spürbar Stimmung gegen Erzfeind Japan – aber dazu, sein nächstes Werk „Die Todeskralle schlägt wieder zu“ weitgehend selbsttätig zu realisieren.
Gedreht wurde in Rom, die von Lee choreographierten Kämpfe und das finale Duell gegen Chuck Norris im Kolosseum ließen den bis heute als besten seiner Filme geltenden Auftritt in die Geschichte eingehen. Der folgende „Game of Death“ (jener „Mein letzter Kampf“) wurde wegen der priorisierten Dreharbeiten zur amerikanisch-chinesischen Koproduktion „Der Mann mit der Todeskralle“ unterbrochen – und wegen Lees plötzlichem Tod durch eine Hirnschwellung im Mai 1973 auch nie vollendet. Die vorliegende Fassung wurde 1978 mit Doubles und Szenen aus älteren Performances fertig gestellt. Wie später veröffentlichte Szenen beweisen, deckt sich diese Fassung aber kaum mit der Vorstellung Lees.
Faszination übt der viel zu früh verstorbene Bruce Lee, der 2010 seinen 70. Geburtstag begangen hätte, bis heute aus. Rund um den Globus wird der Schöpfer des Jeet Kune Do-Kampfstils als Inbegriff des Martial-Artists verehrt und gefeiert, seine vollendeten vier Filme als Hauptdarsteller gelten als Klassiker. Umso begrüßenswerter wäre endlich auch eine würdige Ehrung durch die deutschen Verleiher. Diese scheuen aber die Kosten für gegebenenfalls anfallende Neuprüfungen sowie eine digitale Überarbeitung und die Nachsynchronisation fehlender Szenen. Die der Universum-Kollektion beigefügten Karten der Filmplakate sowie die bildreich gestaltete gebundene (kleine) Biographie des Stars stimmen angesichts der antiquierten Kürzungen wenig milde. Der Legende wird damit auch diese zweifelsfrei schick gestaltete Box nicht gerecht.
Wertung: (5 / 10)