Massentauglich ist der Punk schon lange. Auf heimischem Musiksektor genügt ein Blick auf DIE ÄRZTE und DIE TOTEN HOSEN, um sämtliche Zweifel auszuräumen. Wobei man fairerweise betonen muss, dass beide Vertreter mit Punk nur noch eingeschränkt in Einklang zu bringen sind. Dafür gibt es andere. Eine Band, die das Zeug hat, sich perspektivisch im Kollektivbewusstsein zu verankern, ist BRDIGUNG. Da klingt doch schon der Name nach Punk und weckt Erinnerungen an vergangene Tage, als sich im Untergrund Combos wie KAPITULATION B.O.N.N. tummelten. Allerdings waren die meist kompromisslos politisch – und musikalisch ungestüm. Heute braucht es neben der klaren Message aber auch ansprechend aufgetürmte Soundwälle, um die Massen zu verzücken.
Zu diesem Zweck bringen BRDIGUNG prägnante Rock-Einschläge und am Rande Richtung Metal driftende Gitarren ein. Die Rechnung geht auf. Ihr letztes Album „In goldenen Ketten“ kletterte in den Charts auf Rang 25, der Nachfolger „Chaostheorie“ dürfte dieses beachtliche Ergebnis locker in den Schatten stellen. Neu erfinden müssen die Kempener das Rad dafür nicht. Zumal sie sich des Öfteren der aktuell schwer angesagten Formeln des Deutsch-Rocks („Vom Fliegen und Fallen“, „Das Spiel mit dem Feuer“) bedienen. Der Unterschied liegt in der klar abgesteckten politischen Meinung – und einer guten Portion Ironie. Die äußert sich mal in heiteren Nummern wie „Der Tag danach“ und „Die Fürstin von Monaco“ oder verliert sich in Belanglosigkeiten („Hässliche Fans“, „Freundschaft & Bier“).
Wirklich scharf wird es daneben nur selten. „Autonom extrem“ und „Wir sind angepisst“ zielt auf die Wut und Perspektivlosigkeit der Jugend, „Gemeinsam gegen die Zeit“ und „Weil du ein Opfer bist“ prangern die moderne Lebensweise an. Das ist alles andere als schlecht, hinterlässt trotz bemühter Stadion-Refrains und variablem Tempo aber kaum mehr als anerkennendes Kopfnicken. Dabei zeigen BRDIGUNG mit „Scheiß auf die scheiß Dritte Welt“ und leichtem WIZO-Anklang, wie viel größer die Wirkung sein kann, wenn sie Kontroversen mit Sarkasmus anreichern. Willkommen ist ein Album wie „Chaostheorie“ dennoch. Nur sollte daran nicht gleich die Zukunft des deutschsprachigen Punks geknüpft werden.
Wertung: (6 / 10)