Der Name nimmt die Essenz vorweg: SOKO LINX. Eine Ermittlergruppe aus dem linken Spektrum also, auf Bandfotos obendrein gern mit Sturmhauben abgelichtet. Die Gegenthese zur streitbaren staatlichen Exekutive unterstreicht gleich „1000 Einzelfälle“, das Eröffnungsstück ihres zweiten Albums: „Blosz kein Stresz“. Dass es dabei nicht bleibt, liegt in der Natur der Sache. Musikalisch regiert der Verzicht auf Scheuklappen. Deutsch-(Pop-)Punk trifft Rap trifft Elektro-Pop. Die fundiert unterfangene „Dagegen“-Mentalität darf im Geiste von EGOTRONIC schließlich auch aus kreativer Vielschichtigkeit sprießen!
Zu sagen haben die drei Leipziger viel. Plakativ geht es dabei nie zu. Das veranschaulicht etwa das intensive „Nazis töten!“, das mit Unterstützung von Gast-Rapperin YETUNDEY nicht nur politische Kante offenbart, sondern auch die geschliffene Eloquenz der Texte unterfüttert. Der Griff zum Duden (oder der Online-Suchmaschine) scheint bei „Oversize-Pullover“ angebracht, während der Rest der 15 Tracks eher durch wortakrobatische Klarheit besticht. Dass die nicht immer gleich ins Politische driften muss, belegt der treibende, von MONTREAL veredelte 30-Sekünder „Wertlos“. Wobei auch der auf der Zielgeraden gegen die Ausbeutertendenzen der Musik-Streaming-Anbieter wettert.
Auch das vermeintlich humorige „FOT“ nimmt trotz Autotune-Spielerei die Ausfahrt gen pamphletischer Keule, hier gegen die Ausbeutung (und Internierung) von Tieren. Beispiele für die eigenständige Klasse von SOKO LINX finden sich auf „Blosz keinen Stresz“ viele: „Wer hat damit angefangen?“ etwa, oder auch „La-La Lobbyland“ und „Todesstrafe für alle“; nicht zu vergessen das den SUPERNICHTS-Hit „Die blöde Welt“ zitierende – und das Sangestrio der unvergessenen Asi-Popper stimmlich unerwartet reanimierende – „Möszenmarder“. Dabei bleibt Kurzweil, getragen vom gern überraschenden Stilmix zwischen Punk-Kelle und Antifa-Techno zwar Trumpf, ohne die hintergründigen Texte würde die Platte jedoch kaum über solch durchschlagende Wirkung verfügen. So mag der Name zwar die Essenz vorwegnehmen, vorhersehbar bleiben Band und Platte darüber jedoch nie.
Wertung: (8 / 10)