Boston Streets (USA 2008)

boston-streetsDer moderne Gangsterfilm neigt zur Übertreibung. Verbrechen lohnt sich darin oftmals nicht nur, es macht auch cool. Anders sehen dies die Aussteiger, diejenigen, die dem kriminellen Leben entsagen konnten. Einer davon ist Schauspieler Brian Goodman, dessen Geschichte es bis nach Hollywood schaffte. Regie führte er selbst und auch das Drehbuch verfasste er gemeinsam mit Paul T. Murray („Boiler Maker“) und Mark Wahlbergs Bruder Donnie („Saw II-IV“). Das Ergebnis ist die präzise, ungeschönte und bewusst unspektakuläre Charakterstudie eines Mannes am Scheideweg.

Seit Jugendtagen verdingen sich die Freunde Brian (Mark Ruffalo, „Shutter Island“) und Paulie (Ethan Hawke, „Training Day“) als Laufburschen der Bostoner Unterweltgröße Pat Kelly (Goodman). Doch die beiden fühlen sich zu Höherem berufen und starten auf eigene Faust Raubzüge, deren Beute sie nicht bereit sind mit dem Patron zu teilen. Brian, Vater von zwei Kindern, treibt sich Nacht für Nacht herum, was zu ständigen Spannungen mit Gattin Stacy (Amanda Peet, „2012“) führt. Gute Vorsätze und Besserungsbekundungen verfehlen ihre Wirkung. Die Konsequenzen sind absehbar – und holen die Freunde irgendwann mit aller Vehemenz ein.

Im Stile von „A Guide to Recognizing Your Saints“ (im Deutschen arg unglücklich „Kids – In den Straßen New Yorks“ betitelt) räumt Goodman mit der eigenen Vergangenheit auf. Hart geht er mit sich und seinen Gewohnheiten ins Gericht. Auf den Alkohol folgen die Drogen, die zum Tagesgeschäft unweigerlich gehörende Spirale von Gewalt und Gegengewalt lässt Brian bald mit drei Kugeln im Leib auf einer verschneiten Straße zurück. Was folgt ist nicht die Einsicht, sondern wieder nur falsche Versprechen. Die nächste Stufe abwärts führt ihn und Paulie in den Knast. Fünf Jahre sitzen die beiden ein. An der Einstellung ändert dies nur scheinbar etwas.

Mit größtmöglicher Sorgfalt und unter konsequentem Ausschluss dramaturgischer Klischees lässt Goodman seinen kriminellen Werdegang Revue passieren. Der Grat der Authentizität ist beachtlich, ebenso die darstellerischen Leistungen. Mit Konventionen des Gangsterfilms ist „Boston Streets“, im Original übrigens „What Doesn’t Kill You“ betitelt, in keiner Sekunde in Einklang zu bringen. Das Ende, bereits eingeleitet durch den Prolog, zeigt Brian an besagtem Scheideweg. Nach der Haftentlassung stehen den Ambitionen eines geordneten Lebens die finanziellen Schwierigkeiten im Wege. Die Kriminalität hält zwar liquide, am Schicksal Paulies zeigt sich jedoch, das der Weg zwangsläufig in eine Sackgasse mündet. Ein ehrlicher, unaufdringlicher und darum nicht weniger packender Blick auf ein (fast) verpfuschtes Leben.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

 

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