„It’s not what you do, it’s when and where you do it, and who you do it to or with. If nobody sees it, it didn’t happen.“ – James Bulger
Die Geschichte des James „Whitey“ Bulger könnte glatt der Fantasie eines Hollywood-Drehbuchautors entstammen. Allerdings entspricht auch dies Kapitel über Aufstieg und Fall eines berüchtigten Gangsters der Realität – und erhält durch eine Liaison mit dem FBI pikante Würze. Sein Ende fand die Affäre erst 2011, als Bulger nach 16 Jahren auf der Flucht in Kalifornien festgenommen wurde. In seiner Filmbiographie – basierend auf Dick Lehrs und Gerard O’Neills Buch „Black Mass: The True Story of an Unholy Alliance Between the FBI and the Irish Mob“ – skizziert Scott Cooper („Auge um Auge“) den Werdegang des skrupellosen Verbrechers. Dass er dabei lediglich an der Oberfläche kratzt, stört lediglich auf den zweiten Blick.
In der Rolle Bulgers läuft Johnny Depp („Fluch der Karibik“) zu Höchstform auf. Mit aufwendiger Maske und kalt leuchtenden blauen Kontaktlinsen verschwindet der Superstar hinter dem porträtierten Unmenschen. Der folgt einem eigenwilligen Ehrenkodex und straft Verrat gnadenlos. Im Boston der ausgehenden Siebziger hat er es zu einem gewissen Ruf gebracht und seine Finger in verschiedenen kriminellen Machenschaften. Geschützt wird er von seinem Bruder Bill (als Randfigur eher unterfordert: Benedict Cumberbatch, „The Imitation Game“), der als Senator politischen Einfluss geltend macht. Als Jimmy von FBI-Agent John Connelly (Joel Edgerton, „The Great Gatsby“) kontaktiert wird, um mit seiner Hilfe Beweise gegen die italienische Mafia zu sammeln, sieht James die Chance zur Expansion seines Machtbereiches gekommen.
Nach anfänglichem Zögern willigt Connellys Vorgesetzter (Kevin Bacon, „The Following“) ein, den als Psychopathen geltenden Gangster als Informanten aufzunehmen. Der arbeitet jedoch ausschließlich für den eigenen Vorteil und gibt den Behörden nur dann nützliche Hinweise, wenn daraus eine Schwächung der Konkurrenz resultiert. Als Gegenleistung bewahrt ihn Connelly vor Ermittlungen, so dass James unbehelligt walten und morden kann. So errichtet er ein kleines Imperium und verstrickt seine FBI-Kontakte (darunter David Harbour, „The Equalizer“) immer tiefer in seine Machenschaften. Durch seine Naivität wird der zunehmend korrumpierte Connelly zur tragischen Figur, glaubt er doch, Jugendfreund James kontrollieren zu können. Als Staatsanwalt Frank Wyshak (Corey Stoll, „The Strain“) zur Jagd auf James bläst, findet die Unantastbarkeit ein jähes Ende.
„Black Mass“ wirkt, eingerahmt von Aussagen verschiedener Vertrauter James‘, wie eine Ansammlung von Momentaufnahmen. Hier beklagt er mit Lindsey (Dakota Johnson, „Fifty Shades of Grey“) den Tod des gemeinsamen Sohnes, dort unterstützt er den Kampf der IRA mit Waffen. Der Raum dazwischen wird von wenig zimperlichen Gewaltausbrüchen gefüllt. Das Gefühl, über dem Gesetz zu stehen, verdeutlicht eine Szene, in der James am hellichten Tage einen Verräter (Peter Sarsgaard, „Jarhead“) liquidiert. Womit der Verbrecher sein Geld verdient, bleibt wie private Facetten bestenfalls angedeutet. Packend geraten ist der Film trotzdem, was vorrangig der starken Besetzung geschuldet bleibt. Die fährt mit Rory Cochrane („Argo“), W. Earl Brown („Deadwood“), Jesse Plemons („Breaking Bad“), Julianne Nicholson („Masters of Sex“) oder Adam Scott („Parks and Recreation“) bis in die Nebenrollen sehenswertes Personal auf – und entschädigt damit für die streckenweise nur allzu flüchtige Erzählung.
Wertung: (7 / 10)