20.11.2005 – Taste of Chaos Tour u.a. mit The Used / Story of the Year – Köln Palladium

taste-of-chaos-2005Heute sollte der letzte Abend der diesjährigen „Taste of Chaos“-Tour im beschaulichen Palladium zu Köln stattfinden, nachdem der Tourtross bereits Japan, Australien und zuletzt Europa einen Besuch abstattete. Es sollte noch einmal eine große Sause werden und dezente Befürchtungen, dass der Eintrittspreis von knapp 30 Euro sich nicht rechnen könnte, traten letztlich nicht ein, wenn ein fader Beigeschmack auch irgendwie blieb. Es war insgesamt ein netter Abend, mit einigen guten Bands, wobei die Überbrückung von kleineren Formationen in der Umbaupause neben der großen Bühne Vor- und Nachteile hatte. Vorteil insofern, dass es mal was anderes war als nur Mucke aus der Konserve zu hören, Nachteil deswegen, weil das Gros der Bands schlicht belanglos bis schlecht war.

Die Schlange vor dem Palladium war bei kalten Außentemperaturen lang wie selten zuvor und der Einlass ging nur äußerst schleppend voran. Fast 45 Minuten dauerte das Anstehen. Drinnen angekommen erklommen dann auch die lokalen Helden von DAYS IN GRIEF bereits die Hauptbühne und tobten sich in den knapp dreißig Minuten ordentlich aus. „All Inside“ oder „Breathe“ waren nur zwei der gespielten Songs, der Sound war für Palladium-Verhältnisse gut und die Band – die ich seit langer Zeit wieder einmal auf der Bühne sah – hatte sich in all den Jahren doch gemacht. Äußerst professionell agierten DAYS IN GRIEF auf der Bühne, gaben sich bewegungsfreudig und sparten nicht mit Ansagen gen Publikum. Dieses nahm das Quartett sehr gut auf und der Auftritt dürfte sich für alle Beteiligten gelohnt haben.

Im Anschluss begannen HIGHFLY aus Koblenz für knapp fünfzehn bis zwanzig Minuten auf einer kleinen Bühne direkt neben der Hauptbühne mit dem Pausenprogramm, wobei die ganze Darbietung durch ihren Fred Durst-Ersatz am Mikro stellenweise zu einer peinlichen Posse mutierte. Weniger ist manchmal mehr, doch ihr Sänger nahm so ziemlich alles mit was ging. Das Publikum reagierte auf den vermeintlichen Stimmungsmacher mit dicker Hose dezent verhalten, es hagelte noch nicht einmal einen Anstandsapplaus. Nach der Konfettikanone gen Ende gab es allerorts nur ein müdes lächeln und der Spuk war gottlob vorbei. Um kurz nach halb acht war dann Zeit für FUNERAL FOR A FRIEND, deren Basser den letzten Abend in Köln leider nicht miterlebte und sich frühzeitig gen Heimat verabschiedete. Warum blieb leider unklar.

Dafür sprangen diverse Ersatzleute ein, u.a. von STORY OF THE YEAR und THE USED. FUNERAL FOR A FRIEND legten in ihrer halben Stunde ein gutes Set hin und die Menge feierte die Waliser gebührend ab. Stücke wie „Roses for the Dead“ oder „Streetcar“ des aktuellen Longplayers „Hours“ sowie „Juneau“ und „Escape Artists Never Die“ vom Debüt wurden vom Mob lautstark intoniert und wie viel Spaß die Bands untereinander hatten, zeigte der maskierte Halbnackte, der sich Sänger Matt Davies kurzerhand über die Schulter legte. Gelungener Auftritt. CROSSCUT boten danach solides auf der kleinen Nebenbühne, sparten sich zumindest zu viel posiges Gequatsche. Ging O.K.

Als nächstes standen bereits RISE AGAINST auf der Bühne, die vornehmlich Material ihres aktuellen Longplayers „Siren Songs of the Counter Culture“ präsentierten. „Anywhere But Here“, „Life Less Frightening“ oder natürlich „Give It All“ als krönender Abschluß durften nicht fehlen. „Black Mask and Gasoline“ sowie „Like the Angel“ gab es zudem von der „Revolutions Per Minute“ zu hören. Der ein oder andere Hit wäre aber vor allem von diesem Album noch drin gewesen. Während sich Frontmann Tim recht agil und stimmgewaltig gab, zeigte sich der Rest etwas verhaltener, doch war ihr leider zu kurzer Auftritt auf jeden Fall im grünen Bereich. Sie sind einfach eine Bank und gehören definitiv zum Besten, was der Punk derzeit zu bieten hat. Die folgende Band der kleinen Bühne verpasste ich größtenteils, PITFALL hieß die glaube ich. Musikalisch klang das aber ähnlich wie vorher bereits CROSSCUT.

Der oder die Gewinner des heutigen Abends waren für mich definitiv STORY OF THE YEAR. Mit ihrem Hit „And the Hero Will Drown“ des Erstlings „Page Avenue“ legte das Quintett los wie die Feuerwehr und was in den folgenden dreißig Minuten auf der Bühne abging, bekommt man nicht so oft zu sehen. Jeder Quadratzentimeter der großen Stage wurde in Beschlag genommen, es gab keinen, den es nur mal kurz auf ein und demselben Fleck für mehr als fünf Sekunden hielt. Die Protagonisten wirbelten ihre Gitarren mehrfach um ihre Körper, um im Anschluß gekonnt weiterzuspielen, es gab gesprungene Drehkicks und die Gitarren flogen auch gern sieben Meter über die Bühne, um von einem Roadie gefangen zu werden, es folgte ein Rückwärtssalto von der Box und dann ging die Gitarre auch schon wieder zurück. Unglaublich.

Zwar kennt man das ein oder andere Manöver schon von diversen Live-Auftritten der Band, die man im Internet sehen konnte, doch einstudiert hin oder her, fürs Auge war die Darbietung von STORY OF THE YEAR allemal etwas und alle anderen Bands ließ man locker hinter sich. Musikalisch gab es die relevanten Hits des Erstlings wie „Until the Day I Die“ und „In the Shadows“, wobei vor allem ersterer gut abgefeiert wurde und sich das Publikum äußerst textsicher zeigte. Vom neuen Album gab es u.a. den Opener „We Don’t Care Anymore“, auch hier war vielen das Material bereits bekannt. Alles in allem ein mehr als überzeugender Auftritt der Band bei ihrem ersten Stelldichein in Deutschland. Mit dieser abgegebenen Visitenkarte dürfte die für nächstes Jahr versprochene Tour ein voller Erfolg werden.

BLED THE DREAM enterten als nächstes die kleine Bühne und waren für mich die beste Bands der „Pausenfüller“. Ging zumindest O.K., hatte mich aber auch nicht vom Hocker gerissen. Es war eh ein komisches Gefühl, wenn auf der Hauptbühne reges Treiben herrscht, umgebaut wird und den spielenden Bands nebenan immer wieder das Stimmen der Instrumente in die Quere kommt. KILLSWITCH ENGAGE war als vorletzte Band an der Reihe und trug maßgeblich dazu bei, dass mein Ohrenfiepen noch immer anhält. Der Sound war matschig und laut, die Darbietung zwar energetisch, aber auch irgendwie überflüssig. Ich bin allerdings auch kein großer Fan des Quartetts und hätte sie mir lieber zu Beginn des Abends gewünscht. Der Großteil sah das aber wohl anders, denn die Resonanz vom Publikum war schon enorm. Ich war dennoch nicht unglücklich darüber, als sie die Bühne verließen und letztlich THE USED den Abend samt Tour abschließen sollten.

Schon länger hab ich sie nicht mehr gesehen, doch als Hauptact machten sie meiner Meinung nach keine so glückliche Figur. Anstatt einen Song nach dem anderen rauszukloppen, laberte der gute Bert zu viel und zudem ging die Songauswahl fast völlig in die Hose. „Taste of Ink“ war dabei, „All I Got“ auch, aber dazwischen wurde es doch minutenlang mal völlig belanglos. Bert gab den Gerüchten – man hätte sich mit MY CHEMICAL ROMANCE verkracht – neues Futter und schmetterte beim Opener „Take It Away“ an der Stelle, wo normalerweise MY CHEMICAL ROMANCE namentlich erwähnt werden, ein lautes „Fuck You“. Weitere Kommentare sparte er sich, lachte aber an anderer Stelle wie ein kleiner Doof und hatte ansonsten auch nicht wirklich Spannendes mitzuteilen. So kam das Ende recht schnell und wir verabschiedeten uns, bevor der kurze Zugabenteil begann.

Alles in allem lohnte der heutige Abend schon, einige Bands waren gut, wenn auch in einer halben Stunde eigentlich nicht viel zu holen ist, andere wiederum nicht. Die Idee, eine Zweitbühne zu installieren, hatte Licht wie Schatten gesehen, doch wenn insgesamt etwa 3.500 Leute eine solche Show besuchen, kann man nur von einem Erfolg sprechen. Das Line-Up für die 2006er Auflage in den USA steht ja bereits (u.a. DEFTONES, THRICE, ATREYU, STORY OF THE YEAR, SILVERSTEIN) und nach diesem erfolgreichen Start wird es die Tour sicherlich im kommenden Jahr auch wieder bei uns geben.

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