„Everybody wants a piece of the Murphy!“ – Ruhm zwischen Genuss und Bürde: Murphy
Das Kuriose am Zombie-Genre ist die grundlegende Unkenntnis. Die von den Untoten heimgesuchten Protagonisten müssen immer so tun, als hätte es die wegweisenden Werke eines George A. Romero nie gegeben. Dabei sind sie integraler Bestandteil des pop-kulturellen Kanons. Trotzdem müssen die ehernen Regeln jenes splattrigen Sub-Sujets in Filmen (oder Serien) stets neu ergründet werden. Daher wird der Begriff „Zombie“ auch nur in den seltensten Fällen verwendet. Eine Ausnahme ist „Z Nation“, jene im Fahrwasser von „The Walking Dead“ entstandene Themenvariante der Trash-Schmiede The Asylum („Sharknado“). Denn dort werden die Zombies beim übergeordneten Namen genannt. In Staffel zwei (spät) offenbarte Rückblicke zeigen zudem, dass die Heldengruppe um die toughe Ex-Soldatin Roberta Warren (Kellita Smith, „The First Family“) unverzüglich wusste, wie den wankenden Horden beizukommen ist.
An der Mission der Hauptfiguren hat sich nichts geändert: Für Warren, Alt-Hippie Doc (Russell Hodgkinson, „The Device“), den jungen Scharfschützen 10k (Nat Zang), das Paar Addy (Anastasia Baranova) und Mack (Michael Welch, „The Last Survivors“) sowie die zum unberechenbaren Quasi-Zombie mutierte Cassandra (Pisay Pao) gilt es, den ehemaligen Sträfling Murphy (Keith Allan, „The Shoot“) als Hoffnung auf die Rettung der Menschheit in ein Labor nach Kalifornien zu bringen. Während einer Versuchsreihe überlebte er die Bisse mehrerer Untoter und verfügt gar über die Gabe, die hirntoten Wiedergänger zu kontrollieren. Erschwert wird das Unterfangen der Gruppe durch den am Ende der Auftaktstaffel gezündeten Bombenhagel – samt radioaktivem Fallout. Der macht nicht nur Citizen Z (DJ Qualls, „The Man in the High Castle“) zu schaffen, der in der ramponierten NSA-Bastion am Nordpol ausharrt und sich bald selbst einiger Zombies erwehren muss.
Um die sichere Eskorte Murphys zu gewährleisten, schwindelt er ein Kopfgeld auf den mit seinem Schicksal hadernden Heilsbringer über den Äther und ruft damit eine ganze Riege schießwütiger Prämienjäger auf den Plan. Das führt zu zünftigem, vom auch co-produzierenden John Hyams („Universal Soldier: Day of Reckoning“) inszeniertem Häuserkampf. Dass der überraschend düster gefärbt ist und gar in den Tod eines Hauptcharakters mündet, spricht für das Überraschungspotenzial der Reihe. Aber keine Sorge, weder die grundlegende episodische Struktur noch der übergeordnete Schundcharakter wurden nennenswert variiert. Denn wenn „Z Nation“ für eines steht, dann ist es ironisch gefärbter Horror-Nonsens mit liebenswerten Charakteren. Das trifft insbesondere auf Murphy zu, der sich als werdender Vater mit ungewohnten Verpflichtungen konfrontiert sieht.
Mutter des offenkundig andersartigen Kindes ist Serena (Sara Coates, „Beta Test“), die in der Auftaktstaffel als Teil einer Feministen-Kommune (die mit dem untoten Bären) eingeführt wurde. Die Aufspürung des Erzeugers fällt nicht schwer, kann der ungeborene Nachwuchs doch aus dem Mutterleib heraus die Richtung bestimmen, in der Murphy zu finden ist. Der Neuerungen ist es damit längst nicht genug. Mit Vasquez (Matt Cedeño, „Power“) stößt ein ehemaliger DEA-Agent zur Roberta & Co., der ihnen im Kampf gegen eine maskierte Gang beisteht, die von Escorpion (Emilio Rivera, „Sons of Anarchy“) befehligt wird. Der führt sich mit Maßanzug und Panzerfaust vielversprechend ein und taucht bis zum Ende wiederholt auf. Das hinter ihm stehende Drogenkartell zeigt in Mexiko gen Ende eine eigentümliche Vorstellung der postapokalyptischen Gesellschaft und fährt mit Gina Gershon („Showgirls“) eine Königin auf, die keine Furcht vor amüsantem Overacting kennt.
Der Weg dorthin ist von Begegnungen mit einem „Mad Max“-Gedächtnis-Convoy, Marihuana-Farmern mit Zombie-Dünger, mörderischen Zahnärzten, Ufo-Jüngern in Roswell oder einem Indianer-Stamm im Grand Canyon gesäumt. Dazu setzt es verstrahlte Superzombies und bekannte Gast-Stars wie William Sadler („Demon Knight“), Doug Jones (gab den Abe Sapien in „Hellboy“), Anthony Michael Hall („The Breakfast Club“) oder „Game of Thrones“-Schöpfer George R.R. Martin. Der gab sich bereits in „Sharknado 3“ einem amüsanten Kurzauftritt hin und darf hier als sein untotes Selbst zur Attraktion eines Zombie-Museums werden. Dass den Serienschöpfern Craig Engler („Rage of the Yeti“) und Karl Schaefer („Dead Zone“) die skurrilen Ideen nicht ausgehen, unterstreichen auch ein Zombie-Poledance, der Einsatz eines überdimensionierten Käserades als Waffe oder die von kurios ketzerischen Bibel-Anlehnungen begleitete Geburt von Murphys Tochter in einem Stall.
Launige Ideen gestalten auch die zweite Staffel konstant unterhaltsam. Dass nicht jeder Einfall gleichermaßen zündet, wird durch die einsatzfreudige Besetzung und sympathisch schräge Horror-Action – oft makaber und blutig, bisweilen sehenswert stilisiert – verblüffend leicht egalisiert. Sympathisch wirkt zudem das anhaltende Spiel mit Genre-Elementen von Science-Fiction über Krimi bis Mystery sowie zahlreiche pop-kulturelle Referenzen. Dem gegenüber steht wiederum eine durchgängig einfältige Dramaturgie, die der eingeschweißten Gruppe allen Stolpersteinen zum Trotz doch immer Zusammenhalt garantiert. Allerdings fällt es deutlich leichter, das Übergewicht positiver Aspekte herauszustellen. Denn die Reihe ist ein herrlich übertriebenes Vergnügen für alle, denen ein zünftiges Qualitätsminus mehr Freude als Kopfzerbrechen bereitet. Dafür steht auch das offene Finale, das der Reise in Kalifornien längst kein Ende beschert. Trash ist „Z Nation“ fraglos. Schrott ist die Serie aber keineswegs.
Wertung: (6,5 / 10)