Black Summer (Season 2) (USA/CAN 2021)

„You’re disgusting, greedy fucks. All of you. […] You turned into animals, trying to squeeze a little bit more out for yourselves.” – Gefangen im sprichwörtlichen Glashaus: Ray Nazeri

Seien wir ehrlich: Gebraucht hätte es „Black Summer“ nicht. Die 2019 via Netflix vorgestellte Zombie-Serie von den „Z Nation“-Machern Karl Schaefer und John Hyams bot eine bestenfalls solide Variierung des klassischen Themas auf den Spuren von „28 Days Later“ (2002) und dem Remake von „Dawn of the Dead“ (2004). Doch offensichtlich ist der Publikumshunger nach weiteren serialen Weltuntergängen mit untoter Ausgangslage noch immer nicht gestillt. Entsprechend schnell ward beschlossen, eine Fortsetzungsstaffel auf den Menüplan zu setzen. Deren acht Episoden bedeuten erfreulicherweise eine Steigerung. Vor den bekannten Schwächen feit das aber mitnichten.

Das Plus gegenüber dem auslaufenden Genre-Zugpferd „The Walking Dead“ (ab 2010) ist der Verzicht auf dramaturgische Längung im Soap-Stil. Zwischenmenschliche Interaktion bleibt bei „Black Summer“ auf Zweckgemeinschaft und Misstrauen reduziert. Oft genug mit tödlichem Ausgang. Exemplarisch veranschaulicht wird die Verrohung zum eigenen Schutz durch Rose (Jaime King, „Hart of Dixie“): Vier Monate, nachdem sie mit Tochter Anna (Zoe Marlett, „Red Letter Day“) wiedervereint wurde, erscheint ihr jedes Mittel recht, um das verbliebene Familienmitglied zu behüten. Bevor die beiden in den Mittelpunkt rücken, umreißt der wiederum atemlose Auftakt zunächst das Schicksal des versprengten Gefährten Lance (Kelsey Flower).

Die Kamera ist erneut eng am Geschehen und positioniert sich je nach situativer Erfordernis unmittelbar vor oder hinter dem aktuell führenden Charakter. Nicht selten ohne (sichtbare) Schnitte. Daneben fällt – vorrangig in der ersten Staffelhälfte – die Stückelung der Erzählung in episodische Häppchen auf. Die non-lineare Verknüpfung verschiedener Handlungsstränge und Figurengruppen dient vorrangig der Spannungssteigerung. Im Gegenzug erschöpft sich dies Stilmittel nicht allein, es tüncht auch nur zu offenkundig die Simplizität der Geschichte(n). Fast zu kurz kommen darin die rasenden Zombies, denen selbst einzeln nur schwer beizukommen ist. Zumindest, sofern es den Schreibern dienlich erscheint. 

„That’s karma, motherfucker!“ – Eloquenter Kommentator des Weltuntergangs: Spears

Als glückliche Fügung für die Überlebenden erweist sich, dass es diesmal mehr Menschen als Wiedergänger zu geben scheint. Eine wohlwollende Begründung findet sich im Setting, dass vom urbanen Raum in die verschneite Wildnis wechselt. Dort bekämpfen sich zwei Gruppen, eine vom Ex-Polizisten Ray Nazeri (Bobby Naderi, „Prison Break“) angeführte Miliz, die ohne Skrupel nimmt, was sie braucht, und eine moralisch moderatere Ansammlung im Kampf unerfahrener Normalos, welcher der besonnene Mance (Jesse Lipscombe, „The Champ“) vorsteht. Gemeinsam ist beiden Parteien das Ziel: Ein Flugplatz, von dem aus Unbekannte Ausrüstungspakete über freien Flächen abwerfen.

Zwischen den Fronten finden sich Anna und Rose, die in einem einsam gelegenen, aufgrund der ungeschützten (!) Glasfronten unmöglich zu verteidigenden Haus im Nirgendwo Zuflucht finden. Koreanerin Sun (Christine Lee, „Colossal“) gerät in Nazeris Gefangenschaft, während der mit einer Schusswunde zurückgelassene Spears (Justin Chu Cary, „Blindspotting“) auf dem Weg in die Berge auf den geschwätzigen Braithwaite (Bechir Sylvain, „Claws“) trifft. Gerade die letztgenannte Konstellation führt zu einer Reduktion des Tempos, die einen kurzfristigen Fokus auf die Ausgestaltung der Protagonisten erlaubt – samt symbolträchtigem weißem Pferd und einer Backstory über Gangster-Gewalt und Vergebung.

Dieser willkommene Rhythmuswechsel wird ausgereizt, wenn Rose und Anna von der spleenigen Zufallsbekanntschaft Boone (Manuel Rodriguez-Saenz, „Off Kilter“) in ein verlassenes Ski-Ressort geführt werden. Die Betonung, dass in der neuen Weltordnung keine Entspannung mehr möglich scheint, wird durch Annas gedehnte Erkundungsgänge durch die langen Flure (eine klare Referenz Richtung „The Shining“, 1980) merklich überstrapaziert. Das desperate Stimmungsbild gewinnt im Schlussakt erneut die Oberhand, wenn sich sämtliche noch atmende Beteiligte auf dem Flugfeld einfinden und einer archaischen Hackordnung Vorschub gewähren, die nicht viel Personal für eine potentiell weitere Staffel übrig lässt. Wer über grob umrissene Charaktere, die vordergründige Inszenierung und bisweilen dürftige Dialoge hinwegsehen kann, wird mit einem dreckig-brutalen Szenario belohnt, das auf dieser Qualitätsstufe definitiv Lust auf eine weitere Fortsetzung macht.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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