West of Liberty (Staffel 1) (S/D 2018)

Zwei Rudimente des Kalten Krieges ringen um ihre Bedeutung in der Gegenwart: Der eine ist CIA-Veteran Clive Barner (Matthew Marsh, „Mr. Jones“), der seit Jahrzehnten in der US-Botschaft in Berlin die Heimat verteidigt. Der andere ist Ludwig Licht (Wotan Wilke Möhring, „Who Am I“), ehemaliger DDR-Doppelagent, der zwischen Trinksucht und gelegentlicher Freelancer-Spionage eine Kneipe in Kreuzberg unterhält. Ein letztes Mal werden die abgehalfterten Antihelden zusammengeführt, als drei Amerikaner in Marrakesch ermordet werden. 

Faye Morris (Michelle Meadows, „Darling“), die dem Anschlag nur knapp entkommen konnte, flieht nach Berlin und wendet sich mit der Nachricht an die US-Botschaft, mehr über die Hintergründe der Bluttat zu wissen. Um die unbekannte Frau ausfindig zu machen, engagiert Marsh den diskreten Licht, der durch die Erledigung des Jobs hofft, seine Schulden bei einem moldawischen Gangster begleichen zu können. Tatsächlich spürt er Faye, ehemalige Rechtsberaterin der Enthüllungsplattform Hydraleaks, auf und versteckt sie.

Für politische Immunität offeriert sie Barner eine Liste mit Whistleblowern, auf der auch der Berliner US-Botschafter Ron Harriman (Richard Dillane, „The White Princess“) stehen soll. Um eventuelle Verräter in den eigenen Reihen in Sicherheit zu wiegen, agiert Barner, entgegen der Anweisung seiner Vorgesetzten, auf eigene Faust. Dabei hofft er, den gesuchten, als Drahtzieher der Morde verdächtigen Hydraleaks-Gründer Lucien Gell (im exzentrischen Julien-Assange-Modus: Lars Eidinger, „Babylon Berlin“) aufzuspüren, der sich in der syrischen Botschaft in Berlin versteckt hält.

Die mit internationaler Besetzung entstandene deutsch-schwedische Mini-Serie geht auf den gleichnamigen Roman von Thomas Engström zurück. Darin verschwimmen moralische Grenzen und klare Gut-Böse-Schemata zugunsten eines bisweilen verblüffend realitätsnahen Polit-Thrillers. Der Plot zollt der Komplexität der modernen Welt dabei Tribut, ohne auf herkömmliche Action- und Spannungsbetonung zu verzichten. Das verschachtelte Handlungskonstrukt, bei dem sich überlagernde Partikularinteressen in durchaus überraschenden Wendungen niederschlagen, kann die Schwächen des Gesamtwerks allerdings nicht vollends übertünchen.

So erscheinen die Figuren in ihrer charakterlichen Ausstaffierung ungeachtet der ansprechenden Darstellerleistungen mitunter arg klischeehaft. Neben dem kantigen Licht, dessen Karriereknick nach dem Fall der Berliner Mauer zwangsläufig in den Alkoholismus mündete, gilt das vorrangig für Partner Barner. Der im Original überbetonte US-Akzent des gestandenen britischen Mimen Marsh wird dabei nur noch vom Hang zur archetypischen Burger-Mahlzeit übertroffen. Auch die Nebenhandlungen, insbesondere Lichts zunehmend eskalierender Konflikt mit seinen Gläubigern, bremsen die Geschichte mehr, als dass sie ihr nutzen würden.

Dass der von Barbara Eder („Thank You for Bombing“) inszenierte Sechsteiler im deutschen TV in einer auf zwei spielfilmlange Episoden komprimierten Version ausgestrahlt wurde, schadet der phasenweise merklich auf der Stelle tretenden Erzählung kaum. Dennoch bleibt die internationale Langfassung die bessere Wahl, da den Charakteren der notwendige Raum zur Entwicklung zugesprochen wird. Davon profitieren mit Faye und Lucien gerade die interessantesten Protagonisten, deren Wege im skrupellosen politischen Ränkespiel am Ende unerwartet zynisch umgeleitet werden. Mehr noch hält das Finale für Licht und Barner gelungene emotionale Veränderungen bereit. Die sehenswerte, wenn auch nicht gänzlich stimmige Serie findet so einen angemessen packenden Ausklang.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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