25.01.2020 – Bitume / Detlef / PainParty – Oberhausen, Emscherdamm

Die Verbindung hält seit einer gefühlten Ewigkeit. Früher einte sie BITUME und SUPERNICHTS, heute den selbsternannten radikalen Nachfolge-Arm DETLEF. „Kaputt“, das neue Album der erstgenannten Oldenburger, treibt BITUME dieser Tage wieder vermehrt auf die Straßen (und in die Clubs). Beim Gastspiel im Oberhausener Emscherdamm markierte das Kölner Trio DETLEF den Anheizer. Selbst wenn es nicht viel anzuheizen gab.

Der Raum blieb weitgehend leer, abzüglich Bandanhänge und Personal werden es kaum mehr als zwanzig Besucher gewesen sein. Das kann man leicht als Flop abkanzeln. Oder aber als Siegeszug. Denn beide Bands hingen sich voll rein und lieferten rundum begeisternd ab. Als drittes Konglomerat im Bunde trat PAINPARTY auf den Plan. Die hatten eine Handvoll Anhänger mitgebracht, so dass vor der Bühne zumindest zum Auftakt den Anschein einer belebten Abendveranstaltung erweckt wurde.

Das Dreigestirn bot eine emotional gedämpfte Mischung aus Schweine-Rock, Punk und verzerrt psychedelischen Klängen. Der Sänger konterte den ersten Applaus mit: „Dat scheiß Geklatsche könnt ihr euch sparen!“ Ruhrpott-Charme galore. Der trug das mal wüste, mal experimentelle Treiben souverän ins Ziel. Eine in Summe ansprechende Darbietung mit hübsch konstruierter Depri-Note. Was der gegenüberstand, war neben der freudespendenden Energieleistung der folgenden Kollektive der beständig durch den Raum wabernde Geruch von hausgemachtem Veggie-Thai-Curry. Dafür einen Sonderapplaus als Randnotiz.

DETLEF enterten die Bühne zunächst in Zivil, kehrten nach kurzem Soundcheck aber mit geputzten Lackschuhen und der aus SUPERNICHTS-Zeiten etablierten uniformen Oberbekleidung zurück. Apropos SUPERNICHTS: Dass die Perlen „Gestern auseinandergelebt“, „Besame Mucho“ und „Du und deine scheiß FDP“ gespielt wurden, ließ neben einem Quäntchen Wehmut vor allem munteres Kreisgrinsen zu. Beim nächsten Mal noch „Ein toller Kerl“ hinterher und der Verzückung ist die Krone aufgesetzt.

Eigene Stücke gaben DETLEF natürlich auch zum Besten. Viele sogar. Die meisten, darunter stilsichere Alltagsbetrachtungen wie „Just Like Donnerstag“, „Männer die gern tanzen“, „Neulich an der Resterampe“, „Altbau“, „Was Glück ist“, „Scheiße ich muss pissen“ und „Barclay James Harvest“, entstammen dem ersten Album „Kaltakquise“. Der Rest nahm die bald kommende zweite Platte voraus – und u. a. die Klimametropole Kopenhagen aufs Korn. Mit spaßigen Ansagen und ordentlich Pfeffer im Arsch sorgte der Auftritt für prächtige Laune. Das größte Kompliment gilt allerdings Drummer Achim, bei dem statt Gewürzperlen vorrangig Schmerzblocker zwischen den Gesäßbacken klemmten, da er die gewohnte Paradeleistung mit angebrochenem Steißbein abrufen musste.

Nachdem DETLEF also unter relativem Ausschluss der Öffentlichkeit gerockt hatten, bis Frank der Fuchsschwanz von der Gitarre perlte, war es an BITUME, die gefühlte Leere des Raums mit treibendem Punk-Rock zu erfüllen. Auch das funktionierte blendend. Vermutlich hätte der Vierer auch allein die nackten Wände bespielt, ohne an Drive zu verlieren. Das Gros des Sets bestand aus Stücken der neuen Scheibe, darunter gleich zum Einstieg das großartige „Hinfallen aufstehen“, neben anderen gefolgt von „Atlantik“, „Marathonmann“, „Kammerflimmern“ und dem Titeltrack.

Das nachvollziehbare „Kaputt“-Übergewicht ging vor allem zu Lasten der Pracht-Platten „Lolch“ und „Gut im Trend“ („Es regnet Scheiße“ und „Wir werden sehen“ blieben definitiv vermisst). Aus der Vorzeit wurden gen Ende aber dankbarerweise „Wahlwiederholung“ (in lässig experimenteller Version), „Schlangenfutter“ und „Wind“ vorgetragen. Beiträge neueren Ursprungs waren zudem das großartige „Santiago“ und „Zeichen“. Dass der treibend hymnische Punk-Rock von BITUME weit mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, kann gar nicht oft genug betont werden. Wer’s also verpasst hat: Live-Nachsitzen bei nächster Gelegenheit! Das gilt übrigens gleichermaßen für DETLEF.

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