Bodyguard (Series 1) (GB 2018)

Wer beim Titel „Bodyguard“ exklusiv an die Houston/Costner-Schnulze von 1992 denkt, benötigt dringend eine Horizonterweiterung. Die bietet die namensgleiche britische Serie aus der Feder von Jed Mercurio („Line of Duty“), die zwar ebenfalls die emotionale Näherung von Personenschützer und Zielperson einbringt, im Kern aber einen komplex angelegtes Thriller-Gefüge offenbart, das gleich mehrere politische Themenfelder bedient.

Die sechsteilige Auftaktstaffel beginnt mit der Vereitelung eines terroristischen Anschlags in einem Zug nach London. Der privat reisende Polizist David Budd (Richard Madden, „Game of Thrones“) kann durch sein beherztes Eingreifen eine Katastrophe verhindern und wird in der Folge zum Bodyguard der konservativen Innenministerin Julia Montague (Keeley Hawes, „The Missing“) berufen. Die massive Traumatisierung des Ex-Soldaten, die zur Zerrüttung seiner Ehe mit Vicky (Sophie Rundle, „Peaky Blinders“) geführt hat, stellt ihn dabei vor zunehmende Herausforderungen.

Julia, die Ambitionen hegt, Premierministerin zu werden, macht sich für ein Sicherheitsgesetz stark, das den Inlandsgeheimdienst mit umfänglichen Befugnissen ausstatten soll. Die Nähe der Spitzenpolitikerin zum Geheimdienst, der ihr belastende Informationen über politische Gegner zuspielt, wird vor allem von Anne Sampson (Gina McKee, „Die Borgias“) kritisiert, die der Antiterrordivision der Londoner Polizei vorsteht. Mehrere Anschläge, erst auf die Schule von Davids Kindern und schließlich auf Julia selbst, bringen die beiden einander näher.

Anders als es nach gängigen Hollywood-Formeln zu erwarten wäre, steht die Affäre jedoch nicht im Mittelpunkt. Sie ist vielmehr eine weitere Schubstufe, um David tiefer in den politischen Sumpf – und eine groß angelegte Verschwörung – zu bugsieren. Für ihn zum Problem wird, dass er die Identität eines ihm bekannten Attentäters verschleiert und nach einem weiteren Anschlag auf Julia gar Selbstmordpläne hegt. Damit nicht genug, avanciert David zu einem Hauptverdächtigen und ist, vom eigenen Kollegium verfolgt, gezwungen, die Hintergründe des Komplotts auf eigene Faust zu entwirren.

Die Klasse von „Bodyguard“ zeigt sich in der Erzählung, die neben konventionellem Nervenkitzel stets einen scharfen Blick für die glaubhafte Ausgestaltung der Figuren wahrt. Schauspielerisch brilliert der 2019 für seine Performance mit einem Golden Globe ausgezeichnete Madden. Sein Antiheld entspricht mehr einem psychischen Wrack, das die Geliebte im Wahn auch schon mal bei der Gurgel packt. Der Zwiespalt von zerrüttetem Wesen und fokussierter Pflichterfüllung trägt maßgeblich zum Spannungsbogen bei, der David am Ende mit Sprengstoffgürtel am Leib in eine denkwürdig aussichtslose Situation führt.

Abseits der Hauptfigur ist das wesentliche Charakterfeld stark weiblich geprägt. Neben den oben genannten Aktricen darf auch Pippa Haywood („Mr. Selfridge“) als Davids Vorgesetzte Lorraine Craddock einen für die Entwicklung der Geschichte relevanten Part erfüllen. Das clevere Verschwörungskonstrukt, das neben Geheimdienst auch organisiertes Verbrechen und – hier erfolgt der Brückenschlag zum Auftakt – islamistische Terrorzelle umspannt, erscheint nie überzogen und bietet lediglich peripheren Raum für Action-Intermezzi. Unter dem Strich also ein weiteres britisches Serien-Highlight, dem nicht zuletzt aufgrund des großen Erfolgs hoffentlich doch noch eine Fortsetzung zuteilwird.    

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)    

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