In britischen TV-Serien weihnachtet es sehr. Beinahe traditionell. Dabei verzeichnen manche Reihen eine jährliche Festtags-Sonderfolge (z. B. „Downton Abbey“), während es andere bei einem „Christmas Special“ (etwa „Extras“) belassen. Auch beim humorigen Krimi-Drama „Grantchester“ ist die rund einstündige Weihnachtsepisode – platziert zwischen Staffel zwei und drei – die Ausnahme. Zumindest bislang. Trotzdem bleibt dieser Schritt eine durchaus Weise Entscheidung. Denn so willkommen die Fusion aus besinnlicher Emotionalität und klassischer Mörderhatz auch erscheinen mag, mehr als sympathisch gediegene Unterhaltung erwächst daraus nicht.
Als Herleitung kommender Handlungsstränge ist die Folge dennoch unverzichtbar. Immerhin wird das Verhältnis zwischen Vikar Sidney Chambers (James Norton) und seiner großen Liebe Amanda (Morven Christie) neu geordnet. Am Ende der Vorgängerstaffel verließ die schwangere Amanda ihren gefühlskalten Gatten. Wie nun dargelegt wird, ist sie vorübergehend zu einer Tante gezogen. Die Liaison mit Sidney bleibt dabei (relative) Geheimsache. Vor immense Probleme wird das Paar dennoch gestellt. Denn im England der 1950er Jahre ist die amouröse Bindung eines Geistlichen mit einer verheirateten Frau, die obendrein mit dem Kind eines anderen Mannes schwanger ist, denkbar heikel.
Ablenkung von den privaten Problemen verschafft Sidney einmal mehr die Kooperation mit seinem engen Freund, dem Polizei-Inspektor Geordie Keating (Robson Green). Der wache Verstand des anglikanischen Priesters ist neuerlich gefragt, als ein alternder Bräutigam am Tag der Hochzeit mit der merklich jüngeren Linda Morgan (Maimie McCoy, „The Musketeers“) tot aufgefunden wird. Die Trauringe finden sich im Mund des Ermordeten, was in Geordie Erinnerungen an einen Jahre zurückliegenden, nie gelösten Fall weckt. Aber ist der damals verdächtigte, gesellschaftlich wie familiär geächtete Griesgram Albert Tannen (Julian Glover, „Game of Thrones“) wirklich der Täter? Zumindest Sidney hegt rasch Zweifel.
Um auch den übrigen Cast adäquat einzubinden, nimmt sich Sidneys in der Hauptsache mit Festtagsvorbereitungen beschäftigte Hauswirtschafterin Mrs. Maguire (Tessa Peake-Jones) der durch das Zutun ihres unerbittlichen Vaters kurzzeitig obdachlosen Amanda an. Dass bei ihr ausgerechnet am Weihnachtsabend die Wehen einsetzen, wirkt klischeehaft, erscheint im Sinne der weihnachtlichen Stimmung aber unausweichlich. Der tollpatschige Jung-Vikar Leonard (Al Weaver) hingegen hat einmal mehr die Lacher auf seiner Seite, wenn angelesene Theater-Expertise das Kinder-Krippenspiel im Gotteshaus zum Fiasko werden lässt. Unter dem Strich eine harmlose und auf ein zwischenzeitliches Happy End mit blitzsauberem Neugeborenen gepoltes Serien-Special, das die Qualität der Vorgängerstaffeln nicht vollends erreicht, Fans der Serie aber dennoch zufriedenstellendes Futter bietet. Für die Feiertage also genau das Richtige.
Wertung: (7 / 10)