Grantchester (Series 1) (GB 2014)

Krimi-Formate mit klerikaler Beteiligung haben dank der von Gilbert Keith Chesterton kreierten Figur des „Father Brown“ eine lange Tradition. Seit 1934 wurde der Stoff vielfach verfilmt, u. a. dreimal mit Heinz Rühmann (1960 – 1968) und, seit 2012, als erfolgreiche BBC-Serie mit Mark Williams. Die britische Reihe „Grantchester“, basierend auf James Runcies literarischem Werk, bewegt sich damit auf beinahe klassischem Terrain. Unterstrichen wird diese Anmutung durch das Setting, ist die von Daisy Coulam („Death in Paradise“) erdachte Reihe doch in den frühen Neunzehnfünfzigern angesiedelt.

Dieser gern ins Period-Drama-Segment strebende Faktor wird hinsichtlich des grundlegenden Reizes allein von der Besetzung überflügelt: Shooting-Star James Norton („McMafia“) spielt den humanistischen anglikanischen Geistlichen Sidney Chambers, der in der beschaulichen Kleinstadt Grantchester (im Umland von Cambridge) erst ungefragt und dann zunehmend selbstverständlich in die Ermittlungsarbeit des grantigen Polizei-Inspektors Geordie Keating (Robson Green, „Hautnah – Die Methode Hill“) eingreift. Geeint werden beide durch traumatische Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg. Bereits das lässt erahnen, dass die Charaktere mit den nötigen Ecken und Kanten versehen sind.

Sidney, der emotional nicht zu seiner engen, bald mit dem snobistischen Guy Hopkins (Tom Austen, „Die Borgias“) verlobten Freundin, der Kunst-Restauratorin Amanda Kendall (Morven Christie, „The Replacement“) findet, sucht Trost in Jazzmusik und Alkohol. Gerade dem zweitgenannten Zeit- und Gedankenvertreib frönt auch der vierfache Familienvater Geordie. Allerdings ist ihm Sidneys anfängliches Einmischen lästig. Nach dem vermeintlichen Selbstmord eines Mannes wachsen, bedingt durch Aussagen einer Geliebten des Toten, im Priester jedoch Zweifel an der offiziellen Version. Bis Geordie überzeugt und das Verbrechen durch Sidneys Auffassungsgabe und Einfühlungsvermögen gelöst ist, sind die Weichen für eine weiterführende Zusammenarbeit der grundverschiedenen Männer ansprechend gestellt.

Mit humorigen Anflügen – u. a. transportiert durch Sidneys verwitwete, treusorgende und moralisch starrsinnige Hauswirtschafterin Mrs. Maguire (Tessa Peake-Jones, „Pride and Prejudice“) sowie den ab Episode zwei zu Cast und Gemeinde hinzustoßenden homosexuellen Jung-Kuraten Leonard Finch (Al Weaver, „Press“) – und anmutigen Landschaftskulissen wendet sich die sechsteilige Auftaktstaffel des nur auf den ersten Blick altmodischen Krimi-Formats an ein breites Publikum. Die zu lösenden, stets von persönlichen Problemen der Hauptfiguren überschatteten und obendrein nicht mit blutigen Details geizenden Kriminalfälle sind dazu abwechslungsreich konstruiert.

Sie binden etwa Sidneys Schwester Jennifer (Fiona Button, „Lip Service“), ihren Freund, den schwarzen Jazzmusiker Johnny Johnson (Ukweli Roach, „Blindspot“), oder den sanftmütigen Stadtrückkehrer Jack Chapman (Nick Brimble, „Robin Hood – König der Diebe“) partiell ins Geschehen ein. Einen üppigeren Part beansprucht Hildegard (Pheline Roggan, „Jerks“), die deutsche Witwe des ersten Toten, mit der Sidney eine romantische Beziehung eingeht, die jedoch an seiner unsteten Lebensweise zu zerbrechen droht, bevor sie überhaupt begonnen hat. Zwischen Tätersuche und Predigt, Liebe und Leid, ergibt sich so ein auf verschiedenen Ebenen wunderbar funktionierender Serienauftakt, der Lust darauf macht, die Figuren bei ihrer weiteren Entwicklung (und Ermittlung) zu begleiten.   

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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