Springflut II (Staffel 2) (S/D/B 2018)

Serien-Sequels machen alles richtig, wenn den Zuschauer bei der Rückkehr bekannter, dabei nicht einmal zwingend liebgewonnener Charaktere das Gefühl einer quasi-familiären Zusammenkunft überkommt. Bei der zweiten Staffel der Nordic-Noir-Reihe „Springflut“, wiederum basierend auf einem Roman von Cilla und Rolf Börjlind, kommt neben dem gebündelten Auftreten nahezu sämtlicher Figuren des Auftakts aber noch ein zweiter wesentlicher Faktor hinzu: der clever verschachtelte Plot. Der knüpft wenige Monate nach dem Ende des Auftakts an und lässt Nachwuchs-Polizistin Olivia Rönning (Julia Ragnarsson), frisch von einem Selbstfindungstrip aus Südamerika zurück, gleich in den nächsten verzwickten Mordfall stolpern.

Nach einem Besuch des Zieh-Elternhauses läuft ihr die aufgelöste Teenagerin Sandra (Saga Samuelsson, „The Sandhamn Murders“) in die Arme, die ihren Vater soeben erhängt aufgefunden hat. Neben Olivia kann auch Chefermittlerin Mette Olsäter (Cecilia Nilsson) Suizid rasch ausschließen. Doch wer könnte ein Interesse daran haben, den alleinerziehenden Zollbeamten zu ermorden? Zeitgleich wird in Marseille die zerstückelte Leiche einer Frau gefunden. Die Nachricht versetzt dem in Schweden lebenden Artisten und Mette-Vertrauten Abbas (Dar Salim) einen schweren Schock. Denn die Tote war seine große Liebe Samira (Siham Shurafa, „Drip Drop“).

Um die Hintergründe zu ermitteln, reist er mit dem von Panikattacken geplagten Ex-Polizisten Tom Stilton (Kjell Bergqvist) nach Frankreich. Stilton ist mit der dortigen Ermittlungsverantwortlichen Michelle Fabre (Marie Berto, „Elle“) bekannt, erregt durch Abbas‘ alte Feindschaften in kriminellen Milieus aber vorrangig ihren Argwohn. Statt wie geheißen nach Stockholm zurückzukehren, bahnt sich Abbas wenig zimperlich seinen Weg durch die Halbwelt, bis er auf den unberechenbaren Pornodarsteller Alain Bressant (Nicky Naudé, „Wrestling Queens“) stößt. 

Dass die beiden zunächst grundverschieden anmutenden Fälle in ihren teils brutalen Konsequenzen miteinander verwoben sind, mag keine Überraschung sein. Doch den Machern gelingt es abermals, das komplexe Handlungsgefüge zwischen falschen Fährten und einem ausgeprägten Hang für die dramatischen Aspekte der Geschichte über fünf spielfilmlange (im Original zehn halbierte) Episoden rundum packend zu erzählen. Die Internationalität des Plots erweist sich, wie schon in der ersten Staffel, als zusätzlicher Lockstoff. Unterfüttert wird er auch durch Multimillionär Jean Borell (Marten Klingberg, „Beck“), einen weit über die Landesgrenzen Schwedens hinaus tätigen Geschäftsmann.

Der fungiert u. a. als Betreiber eines Seniorenheims, in dem Sandras Großvater auf ungeklärte Weise starb. Das daran geknüpfte Verdachtsmoment bringt Olivia mit TV-Enthüllungsjournalist Alex (Nemanja Stojanovic, „Alex“) zusammen. Doch Borells undurchsichtiger Vertrauter Magnus Thorhed (Reine Brynolfson, „Les Misérables“) versucht Olivia mit rigiden Mitteln von ihren Nachforschungen abzubringen. Das Figurengeflecht ist dicht gewebt und gewährt den Hauptfiguren durchweg prägende Konflikte. So muss sich die herzkranke Mette mit dem feisten neuen Vorgesetzten Rune Forss (Kjell Wilhelmsen, „Sthlm Requiem“) herumplagen, der auch Stilton wenig wohlgesonnen ist.

Der wiederum hadert mit den Schatten der Vergangenheit, findet in Bootsbewohnerin Luna (Amanda Ooms, „The Expendables 2“) aber eine unverhoffte Vertraute. Um die Riege der Charaktere mit Anknüpfungspunkten an den Serien-Ursprung zu ergänzen, taucht im Dunstkreis des brutalen Bressant Zuhälterin Jackie Berglund (Görel Crona) auf. Neben ihr ergänzen Mettes sanftmütiger Gatte Marten (Michael Segerström, „The Last Sentence“) oder Stiltons schräger Ex-Informant Minken (Johan Widerberg, „Ein Mann namens Ove“) den spannenden Reigen. Dass der auf der Zielgeraden durch konstruierte Wendungen und teils wenig nachvollziehbare Auflösungen ein wenig ins Straucheln gerät, mindert die Gesamtklasse der Staffel nicht. Entsprechend erbeten ist die neuerliche Rückkehr des spielfreudigen Ensembles.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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