Waterworld (Ulysses Cut) (USA 1995)

„Nothing’s free in Waterworld.“ – der Mariner

Ein Film, ein Millionengrab: Als „Waterworld“ 1995 in den US-Kinos startete, ging es den Verantwortlichen beim produzierenden Studio Universal bereits nur noch um finanzielle Schadensbegrenzung. Nur war das Fiasko des Endzeit-Blockbusters, dessen Budget schlussendlich die Marke von 175 Millionen Dollar sprengte, nicht mehr abzuwenden. Der Verlust erwies sich bei einem US-Einspielergebnis von gerade einmal 88 Millionen Dollar als immens, wurde durch die internationalen Einkünfte jedoch abgefedert (und durch die VHS-Auswertung später sogar kompensiert).

Hinzu kamen zahlreiche Geschichten, teils belegt, teils Gerücht. Sie künden von strapaziösen Drehbedingungen bei Unwettern, zerstörten Mammut-Sets und Costners Zerwürfnis mit Regisseur Kevin Reynolds. Beide hatten zuvor bereits u. a. beim Kassenschlager „Robin Hood – König der Diebe“ (1991) zusammengearbeitet. Diesmal jedoch sollte das eingeschweißte Team an seine Grenzen stoßen. Auslöser war Reynolds präferierte, rund dreistündige Schnittfassung, die Produzent Costner kaum geeignet schien, das Publikum zu locken.

Der „Extended TV-Cut“ wurde als Ergänzung zur 130-minütigen Kinofassung später im US-Fernsehen ausgestrahlt. Dem stattlichen Handlungszusatz, der obendrein einige Logiklöcher der Kinofassung stopft (u. a. wird ersichtlich, woher der Mariner den Jetski erhält, mit dem er gen Showdown düst) standen die üblichen Zensuren von Gewaltspitzen und Schimpfwörtern gegenüber. Der alternative, von Fans kreierte „Ulysses Cut“ macht genau diese letztgenannten Eingriffe rückgängig und präsentiert „Waterworld“ in seiner umfassendsten – und trotz unbestreitbarer (Zusatz-)Längen überdies sehenswertesten – Form.

Ein Grund liegt in der deutlich üppigeren Detailfülle, sehenswert bebildert von Kameramann Dean Semler, der für Costners „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990) einen Oscar erhielt. Beispielhaft sei das von geborgenen Zivilisationsresten übersäte Boot des namenlosen Mariners (Costner) genannt; ein argwöhnisch beäugter Mutant mit Kiemen. Er ist auf das Leben in der durch die abgeschmolzenen Polkappen überfluteten Erde (die quasi-prophetischen Bezüge zum Klimawandel bleiben unübersehbar, faktisch aber bodenlos übertrieben) perfekt eingestellt. Dazu zählt auch, dass ihm andere Menschen gehörig am Allerwertesten vorbeischwimmen.

„Let’s have an intelligent conversation here. I’ll talk and you listen.“ – Deacon

Dieser Ansicht darf sich auch das Publikum anschließen, als der Mariner im Einleitungsakt in ein Atoll segelt (um kostbare Erde gegen rares Trinkwasser zu tauschen), wo ihm ob seiner Andersartigkeit gleich der Prozess gemacht wird. Dabei bietet der „Ulysses Cut“ nicht nur Einblicke in die Riten und Lebensweisen der archaischen Menschheitsreste (als einer der Atoll-Ältesten in kleiner Rolle zugegen: Zakes Mokae, „Vampire in Brooklyn“), sondern auch einen bizarren Schauprozess, bei dem die Boshaftigkeit des Antihelden anhand verschiedener Fundstücke, darunter eine Fitness-Oberschenkelpresse und eine Klarinette, belegt wird.

An der Geschichte rüttelt das alles mitnichten: Bei seiner Flucht während eines Piratenangriffs nimmt der Mariner widerwillig Helen (Jeanne Tripplehorn, „Basic Instinct“) und ihre Ziehtochter Enola (Tina Majorino, „Veronica Mars“) mit, auf deren Rücken der Weg zur sagenumwobenen Insel „Dryland“ tätowiert ist. Und an dieser Beschreibung ist auch Deacon (Dennis Hopper, „Speed“), Anführer der Smoker genannten Freibeuter (in winziger Rolle als Pilot beteiligt: Jack Black, „School of Rock“) interessiert, der mit seinem verlotterten Tanker (der Exxon Valdez) die Weltmeere unsicher macht.

Ein weiteres Plus der Szenenerweiterungen: Altstar Hopper erhält vermehrt Gelegenheit, kauzig-zynische Sprüche zu klopfen. Daneben darf auch der Mariner ein fieserer Arsch sein als in der Leinwandversion. Das führt zu vermehrt härteren Nuancen, etwa wenn der seinem Schicksal überlassene Limonendieb zu Beginn (angedeutet) von den Smokers beseitigt wird und die Behandlung von Helen und Enola auf des Mariners Katamaran noch ungastlicher ausfällt (beachtenswert: die Tomaten-Szene). Doch sind es, wie bereits erwähnt, insbesondere die Details, etwa bei den imposanter erscheinenden Sets (abseits der überholten Computertricks ist fast alles handgemacht), die Waterworld im „Ulysses Cut“ den ursprünglich angestrebten epischen Anstrich verleihen.

Auch erfolgt die Öffnung des Mariners gegenüber Helen und Enola noch zögerlicher; als ein Schlüsselereignis dient der Sexhandel mit Drifter Kim Coates („Sons of Anarchy“). Dabei bescheren die unzweifelhaft klischeehaften Szenen, in denen der Mutant dem Mädchen das Schwimmen beibringt, dem Film angenehm entspannte Momente. Doch bleibt unschwer erkennbar, warum dieser Teil fürs Kino gestrafft wurde. Aber selbst mit seinen (gerade im Mittelteil) aufkommenden Durststrecken, ist der „Ulysses Cut“ vom düstereren Einstieg bis zum Mount-Everest-Ausklang ein Vergnügen, das der ursprünglichen Ambition deutlich gerechter wird als die Leinwandversion.

Wertung: 6.5 out of 10 stars (6,5 / 10)

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