The Strain (Season 1) (USA 2014)

the-strain-season-1Vampir ist nicht gleich Vampir. Das zeigt sich bereits an den verschiedenen Interpretationen des Grafen Dracula, der mal als sinnlicher Verführer und mal als emotionsloses Monster dargestellt wird. Im neuen Jahrtausend, insbesondere bedingt durch die „Twilight“-Saga, wurden die Blutsauger zunehmend verkitscht. Mit „The Strain“ gibt ihnen Guillermo del Toro („Pan’s Labyrinth“) ihren Schrecken zurück. Wie kaum ein zweiter Filmemacher steht der Mexikaner für die Verbindung von fantastischen Geschichten und erzählerischem Anspruch. Zwar lässt die von ihm konzipierte TV-Serie diese charakteristische Prägnanz nahezu vermissen, die düstere Note und die epische Basis machen den Stoff aber zweifelsfrei sehenswert.

Die Geschichte basiert auf dem gleichnamigen Roman von del Toro und Autor Chuck Hogan, dessen „Prince of Thieves“ die Vorlage für Ben Afflecks „The Town“ bildet. Beide produzierten die Serie (mit „Lost“-Co-Schöpfer Carlton Cuse), del Toro drehte auch die Pilotfolge. In der gibt ein in New York gelandetes Flugzeug Rätsel auf. Die Türen bleiben verriegelt, das Licht gelöscht und kein Passagier steigt aus. Also wird die Seuchenbehörde DC alarmiert. Epidemiologe Dr. Ephraim Goodweather (Corey Stoll, „House of Cards“) wagt sich mit Kollegin Nora Martinez (Mía Maestro, „Savages“) in die Maschine, wo sie auf mehr als 200 Leichen stoßen – und vier Überlebende. Die Todesursache bleibt zunächst mysteriös. Gleiches gilt für die gewaltige, mit Ornamenten versehene Holztruhe im Frachtraum.

Neben der finden sich wurmartige Parasiten, die Goodweather eine Ebola-ähnliche Epidemie fürchten lassen. Doch es kommt anders. Ganz anders. Noch am Flughafen wird er vom alten Pfandleiher Abraham Setrakian („Harry Potter“-Hausmeister David Bradley) angesprochen, der ein Schwert im Gehstock verbirgt und verlangt, die Leichen sollten verbrannt werden. Auch dürfe die Truhe unter keinen Umständen den Flughafen verlassen. Er muss es wissen, wurde Setrakian doch bereits während des Zweiten Weltkriegs, in einem Konzentrationslager der Nazis, mit dem Schrecken konfrontiert, der sich in dem mit Erde gefüllten überdimensionierten Sarg zur Ruhe bettet: Ein Strigoi, ein blutsaugendes menschenähnliches Wesen, das seine Opfer durch Übertragung der Parasiten infiziert und allmählich verwandelt.

Doch del Toro und Hogan belassen es nicht beim typischen Vampirbiss. Die Strigoi verfügen über lange, aus dem Rachen hervorschnellende Appendixe, mit denen sie menschliches Blut saugen. Um die Serie zu bewerben, ließen die Macher großflächige Plakate aufhängen, auf denen ein parasitärer Wurm aus einem Augapfel ragt. Erboste Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Nötig hat die Reihe solch plumpe Schockeffekte jedoch nicht. Das Grauen breitet sich schleichend aus, gemäß einem Plan, der erst New York und anschließend die ganze Welt ins Chaos stürzen soll. Dafür verantwortlich ist Thomas Eichhorst (Richard Sammel, „3 Days to Kill“), ein treuer Gefolgsmann des Vampir-Meisters, der Setrakian als Mitglied der Waffen-SS einst die Verzierungen des Sarges schnitzen ließ.

Die nötigen Mittel zur „Einreise“ des Menschenfressers liefert der todkranke Milliardär Eldritch Palmer (Jonathan Hyde, „Die Mumie“), der sich durch die Kollaboration Unsterblichkeit erhofft. Dass Straßengangster Gus (Miguel Gómez) den schützenden Verschlag des Monsters unbehelligt vom Flughafen abtransportieren kann, bleibt auch der Bestechlichkeit von Goodweathers Kollege Jim Kent (Sean Astin, „Der Herr der Ringe“) geschuldet. So kann der Meister untertauchen, während sich die Flugzeugpassagiere, egal ob vermeintlich lebendig oder tot, bald selbst in Blutsauger verwandeln und über ihre Familien und Freunde herfallen. Dass die Bedrohung von den Behörden zunächst ignoriert wird, liegt an Hackerin Dutch Velders (Ruta Gedmintas, „Prowl“), die von Palmer beauftragt wird, die Kommunikationsverbindungen der Stadt lahmzulegen.

Als Goodweather die Gefahr erkennt, paktieren er und Nora mit Setrakian und versuchen das Versteck des Meisters ausfindig zu machen. Besonders clever oder planvoll stellen sie sich dabei allerdings nicht an. Mit gezücktem Schwert läuft der alte Dickkopf Setrakian jeder Gefahr willentlich entgegen und lässt durchaus Zweifel daran aufkommen, wie er (in Rückblenden beschrieben) über Jahrzehnte auf Vampirjagd gehen konnte. Mehr als willkommen ist da die Unterstützung durch den wehrhaften Kammerjäger Vasiliy Fet (Kevin Durand, „Resident Evil: Retribution“), der unvermittelt in den Kampf gegen die Kreaturen gerät. Der ist – unter anderem von Regisseuren wie John Dahl („Red Rock West“), Deran Sarafian („Mit stählerner Faust“) oder „RoboCop“ Peter Weller – durchaus spannend und partiell blutig aufgezogen, bleibt insbesondere bei der Figurenzeichnung aber gängigen Konventionen unterworfen.

Die familiären Verstrickungen der Beteiligten (insbesondere die des in Trennung lebenden und um Frau und Sohn fürchtenden Goodweather) bremsen den Plot gerade in der Herleitung aus. Auch die Hintergründe verschiedener Randfiguren – u.a. Leslie Hope („The River“) als eine der vier Überlebenden – wirken unnötig gedehnt. So halten sich die atmosphärisch ansprechende Zuspitzung der Ereignisse und Füllstrecken nicht selten die Waage. Doch bleibt Guillermo del Toros Handschrift nicht allein bei der Verbindung von Fantasy und Faschismus erkennbar. Schauspielerisch entwickelt neben Corey Stroll und David Bradley vor allem Richard Sammel Präsenz. Dem gegenüber steht das etwas steife Spiel des sympathischen Durand und die kaum überzeugende Ruta Gedmintas. Dafür sorgt der komplett maskierte Stephen McHattie („Watchmen“) als untoter Vampirjäger Quinlan für erhobene Augenbrauen. So bleibt die Reihe trotz Abstrichen vielversprechend. Und den Romanvorlagen entsprechend wird es fortan nur abgründiger. Staffel zwei kann kommen.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

scroll to top