Längst straucheln beim emotionalen Hardcore, gern auch als Screamo verschrieen, nicht nur mehr die Nachzügler, die sich auf bewährte Erfolgskonzepte stürzenden Epigonen. Nein, der abplatzende Lack vom ach so glanzvollen Konstrukt einer musikalischen Bewegung, die weltweit Millionen Kids in Verzückung versetzt, hat längst die etablierten Kreativen erreicht. SILVERSTEIN gehören zu denen, die durch jene stilistische Wandlung eine Schublade öffneten, aus der es kaum ein Entrinnen zu geben scheint. Davon können die Kanadier ein Lied, aktuell wieder dergleichen elf, singen.
„Discovering the Waterfront“ bescherte dem Genre 2005 noch einmal einen steilen Aufstieg. Die Energie des Hardcore und das Gefühl der Melodie ließen das Quintett zur Speerspitze aufstoßen. Zwei Jahre später stehen die Zeichen auf Stagnation. „Arrivals & Departures“, der dritte über Victory Records veröffentlichte Langspieler, weilt zu sehr im Schatten des Vorgängers. Seltsam verkrampft wirken manche der Songs, in ihrem Vortrag geradezu blass. Der Druck schallt nicht aus den Boxen, er scheint auf den Schultern der Musiker zu lasten. Neu war ihre Musik schon auf der letzten Scheibe nicht mehr. Dafür umso frischer. Diese Unbefangenheit ist es, die das aktuelle Werk vermissen lässt.
Verlernt haben SILVERSTEIN ihr Handwerk nicht, dafür stehen Tracks wie „My Disaster“. Die Wechsel aus gesungenen und geschrienen Textpassagen werden die Fangemeinschaft wieder erreichen. Fraglich bleibt nur, ob sie noch einmal verzaubern können. Überschritten hat die Band ihre Halbwertszeit sicher noch nicht, dafür wirkt ihr Schaffen noch immer zu lebendig. Doch wird sich in der Zukunft etwas verändern müssen. Ein Album wie „Arrivals & Departures“ mag derzeit genügen, um die eigene Position zu behaupten. Ohne Veränderung aber wird es nur das Rudiment einer Band bleiben, die an der fehlenden Kraft scheiterte, sich neu zu erfinden. Und gerade das scheint in Zeiten des von der Industrie vorangetriebenen Genreausverkaufs, traurig aber wahr, unabdingbar.
Wertung: (6 / 10)