Run, Melos! – The Good Thing About This Cast Is I Can Still Hold a Knife (2019, DIY)

Entgegen ihres Namens ist das Band-Dasein für RUN, MELOS! weniger ein Sprint als vielmehr ein Marathon. Quasi einmal um den Erdball und wieder zurück. Derart zermürbend mutete nämlich die Suche nach neuem Personal an. Zumindest für den externen Betrachter. Schließlich wurde nicht irgendwer gesucht, sondern eine neue Sängerin. Nach Monaten der bangen Frage, ob und wie es mit dem sympathisch schluffigen Hannoveraner DIY-Geschwader weitergehen sollte, kam dann im Sommer die erlösende Nachricht: Es ist ein Mädchen. Oder besser: eine Frau. Oder noch besser: eine Marit.

Mit ihr am Mikrofon nahm der Vierer in der Folge fünf Tracks auf, deren Schreibprozess bereits eine Weile zurücklag. Damals, in grauer Vorzeit, herrschte auch an der Gitarre noch eine andere Besetzung vor. Zeiten ändern sich. Geblieben ist die Ambition. Obwohl dieser Begriff für die Maßstäbe von RUN, MELOS! vermutlich ein bisschen hochtrabend erscheint. Einigen wir uns daher auf „Motivation“. Sie jedenfalls beflügelte die Arbeit an der in Summe fünften EP, betont kryptisch „The Good Thing About This Cast Is I Can Still Hold a Knife“ überschrieben.

Bei der ist einmal mehr alles selbst- und handgemacht. DIY in Reinform also, was auch diesmal mehr Segen als Fluch ist. Wer sich denn zwingend beklagen möchte, kann allerdings den konstant im Demo-Segment zu verortenden Sound monieren. Oder den streckenweise mangelnden Nachdruck bei den Vocals. Aber wer will das schon? Denn die andere Seite ist doch viel erhellender. Sie besteht aus einer munteren Melange aus Pop-Punk und Emo-Rock, die auch diesmal heuer Erinnerungen an die Hochphase von Vagrant-Records weckt – irgendwo zwischen THE ANNIVERSARY und frühen SAVES THE DAY.

Neu ist hingegen der rein weibliche Gesang. Dass das männliche Patriarchat an dieser Stelle komplett ausgeräumt wurde, ändert am Charakter von Band und Musik nichts. Das offenbart gleich der wunderbare Opener „All Magic is Science“, bei dem die Chöre im Refrain derart einschmeichelnden Charme entwickeln, dass das Prädikat „Ohrwurm“ nicht allzu weit entfernt rangiert. Die mit Titeln aus der Meme-Kultur belegten „Jon Bovi“ und „Florida Man“ hinterlassen ebenfalls freudige Eindrücke, wobei das Tempo angenehm variabel erscheint. Mit „To Those Who Saved the World“ nehmen RUN, MELOS! einen Gang raus, ehe der finale Bonus-Track „Pogo Stilts“ die EP solide beschließt. Aus dieser neuerlich gefälligen Basis sollte für die weitere Wegstrecke des metaphorischen Marathons doch erst einmal wieder ausreichend Kraft geschöpft werden können.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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