Bevor Kevin Costner und Regisseur Kevin Reynolds mit „Waterworld“ eine epochale Bauchlandung hinlegten, drehten sie gemeinsam die erfolgreiche Heldensaga „Robin Hood – König der Diebe“. Die bringt alles mit, was man von einem klassischen Breitwandabenteuer erwarten darf: Action, Humor, mittelalterlichen Muff und allen voran einen Schurken, der, gut aufpassen Mel Brooks, jede Parodie überflüssig macht. Als George, Sheriff von Nottingham nämlich legt Charaktermime Alan Rickman eine schier umwerfende Darbietung vor und spielt den sympathischen Costner als Sublimierung seines Bösewichts aus „Stirb langsam“ locker an die Wand. Zum Dank wurde ein beträchtlicher Teil seiner Szenen aus der Kinofassung entfernt.
Selbstironie bringt aber auch der Hauptdarsteller in ausreichendem Maße mit sich. Zu Lachen hat der Rächer der Unterdrückten anfangs allerdings noch wenig. Mit langem Bart sitzt er, die Kreuzzüge liefen eben nicht immer rund, in einem Kerker in Jerusalem ein. In seiner Verzweiflung unternimmt er einen waghalsigen Fluchtversuch, die dank des hastig befreiten Mauren Azeem (der Mainstream-Durchbruch für Morgan Freeman, „Miss Daisy und ihr Chauffeur“) auch gelingt. Der Stolz gebietet es dem islamischen Kämpfer, seinem Retter so lange beizustehen, bis die Schuld beglichen ist. Für den Film bedeutet der multikulturelle Pakt – übrigens der britischen TV-Serie von 1984 entliehen – einen willkommenen humoristischen Mehrgewinn.
In der Heimat muss Robin, hier wieder von Locksley, auf schmerzhafte Weise vom Wandel Englands erfahren. Guy von Gisborne (Michael Wincott, „The Crow“), einen Vetter des despotischen Sheriffs, hält er gewaltsam davon ab ein Kind für das verbotene Erlegen eines Hirsches zu bestrafen. Die heimischen Mauern findet er niedergebrannt, den Vater ermordet vor. Von Georges Männern verfolgt flieht Robin in den Sherwood Forest, wo er die Bande von Little John (Nicholas Brimble, „Roger Corman’s Frankenstein“) um sich schart und zum organisierten Widerstand ausholt. Das wiederum beeindruckt die schöne Lady Marian (Mary Elizabeth Mastrantonio, „Scarface“), auf die auch der Sheriff ein Auge geworfen hat.
Mit Hilfe der schwarzmagischen Hexe Mortianna (Geraldine McEwan, „Henry V“), wie die verlängerte Fassung zeigt die Mutter Georges, plant der Sheriff, schließlich gibt es diesmal keinen Prinzen John, die Machtergreifung. Um seine Feinde zu besiegen verbündet er sich gar mit den Kelten, für die es keine Rolle spielt, dass sie als ausgestorbener Volksstamm im Mittelalter eigentlich nix verloren haben! Für Action ist demnach reichlich gesorgt und die Romantik kommt dank der stimmigen Chemie zwischen Costner und Mastrantonio (nicht zu vergessen Bryan Adams‘ Hitschnulze „Everything for You“) nicht zu kurz. Überzeugend ausstaffiert sind auch die Lebensumstände. Geldadel und Klerus schröpfen herrlich durchtrieben und kriminell organisiert das darbende Volk, das Reynolds mit einer glaubhaften Schmutzkruste zu überziehen versteht.
Gerade dieser authentische Hauch, der auch im Schlachtengetümmel immer wieder durchscheint, darf als Blaupause des neuzeitlichen Historienfilms und Werke wie „Gladiator“ oder „Königreich der Himmel“ verstanden werden. Der ironische Anteil mag die Ambition der Ausstattung im Kern untergraben, doch steht der Spaß, mehr noch der Reiz des Abenteuers bei „König der Diebe“ stets im Vordergrund. Spätestens wenn Bruder Tuck (Michael McShane) mit dem Kurzauftritt von Sean Connery (spielte Robin Hood in „Robin und Marian“ bereits selbst) als König Richard direkt zum Publikum spricht sollte klar sein, dass dies großartige und perfekt besetzte Stück Unterhaltungskino Ernst und Übermut schier zeitlos nebeneinander setzt. Fast schon ein Klassiker.
Wertung: (8 / 10)