Red City Radio – Paradise (2020, Pure Noise Records)

„Did you know? Did you know how wonderful this life can be? When you don’t give a shit about everything. When you don’t give a shit about anything or anyone like me.” – ’Did You Know?’

So beschissen sich das Jahr 2020 in Summe auch dargestellt hat, einen Mangel starker Musikwerke gab es dabei sicher nicht zu beklagen. Für ein weiteres Highlight sorgen kurz vor Torschluss RED CITY RADIO, denen man/frau nach zuletzt eher entschleunigten (man könnte auch sagen: dezent langweiligen) Platten kaum mehr einen solchen Coup zugetraut hätte. Doch „Paradise“, Album Nummer fünf, beschert der Anhängerschaft der Mannen aus Oklahoma City, neben der Rückbesinnung auf alte songschreiberische Stärken, vor allem eine willkommene Profilschärfung. Die äußert sich abseits des bewährten, herzlich-rauen Mid-Tempo-Punks in einer sublimierten rockigen Erhabenheit, die auch vor partiellen Abstechern gen Hard-Rock nicht zurückschreckt.

Der Reigen beginnt mit „Where Does the Time Go?” instrumental vorausschauend breitwandig, reduziert die Lyrics aber einzig auf die gebetsmühlenartige Wiederholung des Songtitels. Diesem Auftakt nach Maß folgen weitgehend unverzüglich zündende Hits, bei denen bereits die häufig einsetzenden mehrstimmigen Gesangsparts als klares Zeichen verstanden werden dürfen, dass es RED CITY RADIO auf ein Mehr an Hymnenhaftigkeit abgesehen haben. Neben den flirrenden Gitarren zaubern auch verspielte Details, etwa der verschwindend kurze 80’s-Synthie-Pop-Abstecher bei „Baby of the Year“, die voll auf Stadion-Ambiente zielende Lead-Gitarre bei „100,000 Candles“ oder die 50’s-inspirierten Chöre bei „Apocalypse, Please!“, ein breites Lächeln aufs Gesicht.

Genau dies mitreißende Moment schien dem Vierer um Frontmann Garrett Dale ein wenig abhandengekommen. Umso versöhnlicher stimmt „Paradise“, in dessen zwölf Kapitel umfassendem Gefüge auch „Love a Liar“ oder der strukturell dezent an „Electricity“ erinnernde Titeltrack nachwirkende Akzente setzen. Dabei passt zu RED CITY RADIO in jenem erwähnt holprigen Jahr 2020 auch, dass die Platte nicht mit der semi-akustischen Perle „Fremont Casino“ endet, sondern seinen Schlusspunkt im punkigen, noch einmal alle Mitgröl-Register ziehenden „Gutterland“ findet. Dies musikalische Quasi-Paradies lädt zweifelsfrei zum wiederholten Besuch ein.  

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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