Proud Mary (USA 2018)

Die Grundkonstellation klingt vielversprechend: Ein Action-Drama als Blaxploitation-Reminiszenz, mit einer ebenso kaltblütigen wie verletzlichen Killerin. In den 1970ern wäre sie zweifelsfrei von Pam Grier („Coffy“) verkörpert worden. Im neuen Jahrtausend tritt Taraji P. Henson („Hidden Figures“) in ihre Fußstapfen, die als „Proud Mary“ einen Strudel der Gewalt heraufbeschwört, um ihr Gewissen zu beruhigen. So weit, so reizvoll. Das größte Problem ist, dass Regisseur Babak Najafi („London Has Fallen“) die Coolness der Grier’schen Blaupausen durch eine durchdringende Schwermut ersetzt, die der Erzählung unnötige Dehnung beschert. Bei einem Film mit einer Länge von rund 90 Minuten ist das wahrlich kein Pluspunkt.

Der Einstieg erfolgt über Gewissensbisse: Als Mary einen Auftrag erfüllt, bemerkt sie den in ein Videospiel versunkenen Danny (Jahi Di’Allo Winston, „The Dead Don’t Die“) im Nebenraum. In der Folge behält sie den nun auf sich allein gestellten Jungen im Auge. Ein Jahr später dient er als Laufbursche des brutalen Uncle (Xander Berkeley, „The Walking Dead“). Nachdem Danny von diesem misshandelt auf der Straße zusammenbricht, schreitet die Auftragsmörderin ein. Kurz darauf ist Uncle tot. Marys Ziehvater, Gangsterboss Benny (Altstar Danny Glover, „Lethal Weapon“), gerät in Verdacht, den Mord befohlen zu haben. Das bringt Probleme mit Luka Kozlov (Rade Serbedzija, „Taken 2“), einem Konkurrenten Bennys, der Uncles Tod gesühnt sehen will.

Als Bauernopfer dient der ahnungslose Walter (Neal McDonough, „Resident Evil – Welcome to Raccoon City“). Nur ist Kozlov nicht zu besänftigen. Nach einem Attentat auf Benny pocht dessen Sohn Tom (Billy Brown, „How to Get Away With Murder“), Marys Ex-Geliebter, seinerseits auf Rache. So schaukelt sich der Konflikt hoch, während die Verursacherin des Bandenkriegs versucht, Danny zu schützen und den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Mehr noch will Mary aussteigen und dem kriminellen Leben den Rücken kehren. Da ein solcher Schritt in den Unterweltmilieus des Kinos jedoch selten unblutig verläuft, muss auch die titelgebende Anti-Heldin für eine eigenmächtig gelenkte Zukunft über Leichen gehen.

Die auch als Produzentin fungierende Henson macht eine grundlegende überzeugende Figur. Allerdings bietet ihr das in Anlehnung an „Gloria“ (1980) verfasste Skript – wie auch dem übrigen Cast – wenig Raum für Glanzpunkte. Die Inszenierung bleibt geradlinig, wankt jedoch unstet zwischen Exploitation und Ernsthaftigkeit. Der coole Retro-Vorspann weckt Erwartungen, die der emotionale erzählerische Unterbau nicht erfüllen kann. In Fahrt kommt die vorhersehbare Blaxploitation-Modernisierung erst, wenn Mary zum Finale die Waffen sprechen lässt. Der Showdown ist unzweifelhaft von „John Wick“ (2014) beflügelt, lässt aber die grimmige Ironie und den betont comichaften Anstrich vermissen. So bleibt ein Action-Drama, das letztlich bei beiden Genre-Ausprägungen keine bleibenden Eindrücke hinterlassen kann.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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