Und weiter geht’s mit der auf Zelluloid gebannten Wildwasserfahrt. Regisseur Gore Verbinski und Gigantomanenproduzent Jerry Bruckheimer machen ein vorerst letztes Mal die Leinen los, um dem Kinopublikum zu zeigen, was man mit einem grenzenlosen Budget und möglichst wenig Story für einen Riesenspaß haben kann. Von der erfolgreichen Strategie der Vorgängerteile wird auch beim dritten Part der „Pirates of the Caribbean“-Reihe nicht abgewichen: Hauptsache es knallt ordentlich und die nassen Schauspieler sehen dabei gut oder wenigstens skurril aus. Herrlich!
Ein gutes Geschäft: Darum geht es den meisten Piraten. Und deshalb sind auch die Motive völlig unterschiedlich, mit denen sich eine bunt gemischte Truppe aufmacht, Freibeutertunte Jack Sparrow (Johnny Depp, „Fear and Loathing in Las Vegas“) aus dem Reich des garstigen Davy Jones (Bill Nighy, „Per Anhalter durch die Galaxis“) zu befreien. Da ist der junge Adlatus Will Turner (Orlando Bloom, „Der Herr der Ringe“), der weniger an seinem alten Freund Jack interessiert ist, als an dessen Schiff, der Black Pearl. Mit ihr will er seinen Vater aus Jones’ Klauen befreien.
Da ist die immer noch vor Anmut strotzende Elizabeth Swann (Keira Knightley, „Stolz und Vorurteil“), die sich dafür schuldig fühlt, Jack dem Kraken überlassen zu haben. Und da ist der von den Toten zurückgekehrte Captain Barbossa (Geoffrey Rush, „Life and Death of Peter Sellers“), der Jack braucht, um den Rat der Piratenlords einzuberufen. Denn ohne ihn ist das Gremium nun mal nicht beschlussfähig – und das muss es sein, um sich der Gefahr entgegenzustellen, die von Davy Jones und dem englischen Piratenjäger Cutler Beckett (Tom Hollander, „Gosford Park“) für den ganzen Berufsstand ausgeht. Natürlich weiß keiner von den Motiven der anderen und trauen können sie sich nicht vom Mast zum Schot – doch vorerst sind sie aufeinander angewiesen. Vorerst…
In „Am Ende der Welt“ rächt sich ein ganz kleines bisschen, was die vorherigen Teile der Trilogie noch auszeichnete. Die stellenweise riesenhaften schwarzen Löcher im Drehbuch lassen sich manches Mal kaum noch mit Pyrotechnik überspielen, geschweige denn füllen. Trotzdem versucht Regisseur Verbinski wacker alle losen Enden aufzunehmen und halbwegs zusammenzuführen. Das kann nicht immer gut gehen – macht aber nix. Denn wer hier mit eingeschaltetem Denkmuskel vor die Leinwand tritt, der hat es nicht anders verdient. Die „Pirates of the Caribbean“-Filme waren immer die wohl perfekteste Form von Popcorn-Kino, und daran hat sich auch diesmal nichts geändert. „Am Ende der Welt“ ist bunt, wild, schnell, laut und voller absurder und absonderlicher Einfälle.
Johnny Depp holt sich die im letzten Teil abgegebene Lufthoheit über den Streifen eindeutig zurück, Orlando Bloom beschränkt das darstellende Spiel dankenswerterweise auf ein Minimum, Keira Knightly sieht gut aus und hat sichtlich Freude daran, sich im Dreck zu wälzen (auch wenn ihr „Braveheart“-esker Monolog gehörig in die Hose geht) und der zurückgekehrte Geoffrey Rush führt einem glasklar vor Augen, was im letzten Teil doch gleich gefehlt hat. Das Zusammenspiel zwischen ihm und Depp ist das absolute Highlight der Reihe, besonders in Form des ständigen symbolischen Schwanzmessens an Bord der Black Pearl. Dass für die Rückkehr der Figur Barbossas nicht einmal der Versuch einer Erklärung gegeben wird, fällt da wenig bis gar nicht ins Gewicht. Schwamm drüber, Hauptsache schrill.
Verbinski kann man allerdings übel nehmen, dass er sein Potential diesmal nicht völlig ausschöpft. Der herrlich abgedrehte Chow Yun-Fat als Pirat Sao Feng kommt erheblich zu kurz und auch der Rat der Piratenlords, besetzt mit den bestgeschminkten Figuren seit der „Herr der Ringe“-Trilogie, verkommt zu sehr zur Staffage. Wer so viel hochkarätiges Material zur Verfügung hat, der muss es doch nicht beinahe ungenutzt über Bord gehen lassen. Allerdings: Im Detail stimmt es wieder. Der lange erwartete Kurzauftritt von Rolling Stones-Legende Keith Richards ist so kurz und überflüssig wie unterhaltsam. Länger hätte es den alten Mann wahrlich nicht gebraucht, trotzdem gut, dass er da war.
„Am Ende der Welt“ schließt eine der bestgelaunten Filmserien der letzten Jahre würdig ab. Es scheppert und kracht, wie es Pyrotechniker und Special-Effect-Artists möglich ist, ein One-Liner jagt den nächsten und die Darsteller – teils ja aus dem durchaus anspruchsvollen Fach auf die Planken, die die Welt bedeuten gewechselt, haben sichtlich Spaß an ihrer fröhlichen Selbstdemontage. Der Film ist bekanntermaßen einer Achterbahn in Disneyland nachempfunden – und genau so gibt er sich. Also schön das Hirn abschalten und die Show genießen. So macht auch dieser „Pirates of the Caribbean“ wieder ordentlich infantile Freude.
Wertung: (7 / 10)