Master and Commander – Bis ans Ende der Welt (USA 2003)

master-and-commanderWas mag einen renommierten Regisseur wie Peter Weir („Der Club der toten Dichter“), geschätzt für seine präzisen Zeichnungen kulturellen Ungleichgewichts, nur dazu bewogen haben, fünf Jahre nach „Die Truman Show“ einen Abenteuerfilm auf hoher See zu inszenieren? Aber sei es, wie es sein, „Master and Commander“ bildet im  Schaffen des vierfach Oscar-nominierten Filmemachers das wohl abseitigste Leinwandszenario seit seinem Debüt „The Cars That Ate Paris“ (1974). Doch auch ohne gehobenen Anspruch weiß Weirs straffe Verfilmung der literarischen Vorlage des irischen Schriftstellers Patrick O’Brian zu unterhalten, nicht zuletzt aufgrund der ansprechenden darstellerischen Leistungen seiner Hauptakteure Russell Crowe und Paul Bettany.

1805 segelt die britische Fregatte Surprise unter der gestrengen Hand des Seeheroen Captain Jack Aubrey (Crowe) ihrem Schicksal entgegen. Von dem pfeilschnellen französischen Schlachtschiff Acheron an den Rand einer vernichtenden Niederlage getrieben, bleibt dem unerschrockenen Kapitän einzig die Flucht in eine aufziehende Nebelbank. Nachdem die Wunden geleckt und die Surprise wieder seetüchtig gemacht wurde, steht die Verfolgung der Acheron auf dem Plan, die wie ein Phantom uneinholbar und unaufspürbar erscheint und stets aus dem Hinterhalt vereinzelte britische Walfänger im Atlantik attackiert. So verwandelt sich Aubreys Privatfehde mit dem französischen Opponenten in ausgewachsene Obsession, was nicht nur an den Kräften der Mannschaft nagt, sondern auch Aubreys langjährige Freundschaft zum eigensinnigen Schiffsarzt Dr. Maturin (Bettany) belastet.

„Master and Commander“ ist ein packendes Seeabenteuer voller Pathos, das die hochkarätige Bebilderung in den Vordergrund stellt und den inhaltlichen Tiefgang bedauerlicherweise schon frühzeitig Kiel holen lässt. Das Freundschaftsband zwischen dem prinzipientreuen Anführer und dem individualistischen Mediziner wird im Verlauf der Handlung lediglich angedeutet und bleibt wie die emotionale Seite des Plots eher unausgearbeitet. Peter Weirs über weite Strecken vorhersehbare Männergeschichte weiß im Gegenzug zwar mit einem hohen Grad an Authentizität aufzuwarten, doch läuft die eindimensionale Charakterisierung der Figuren schnell auf Grund. Angerissene Konfliktfetzen innerhalb des Mannschaftsgefüges werden mit wenig Gespür für Timing als zusammenhanglose Einschübe in den Plot integriert.

Historisch ohne Zweifel detailfreudig ausgeschmückt, erscheint die Geschichte ohne ernsthaft angestrebten Zusammenhalt. Das „A Beautiful Mind“-Duo Russell Crowe und Paul Bettany agiert im beengten Spielraume ihrer Rollen überzeugend, während sich gestandenen Nebendakteuren wie Billy Boyd („Der Herr der Ringe“) oder James D’Arcy („Exorzist: The Beginning“) im Grunde keinerlei Gelegenheit zur darstellerischen Entfaltung bietet. Peter Weirs nunmehr 13. Film, der den Regisseur zudem in der Position des Autors und Co-Produzenten präsentiert, ist ein rauer, in seinem Bruch mit der Befangenheit des gängigen Seeabenteuers in klischeebetuchten Strickmustern ein wohltuend antikommerzieller Ausflug in die Weiten der Ozeane mit obendrein konsequent angesteuertem Verzicht auf prägnante Frauenrollen.

Eindrucksvoll bebildert von „Crocodile Dundee“-Kameramann Russell Boyd, bietet „Master and Commander“ auf formaler Ebene kaum Angriffsfläche zur Kritik. Zwischen den beiden Schiffsscharmützeln an Anfang und Ende liegen jedoch einige zu überwindende Durststrecken und episodenhafte Zwischentöne vom harten Alltag der gänzlich isolierten Mannschaft der Surprise. So taumelt die oberflächliche Mär um Loyalität und Heldentum recht unentschlossen zwischen den angerissenen Handlungssträngen und hinterlässt einen durchaus faden Beigeschmack. Denn letztlich ist der Film nicht mehr (oder weniger) als wohl inszeniertes Unterhaltungskino, das den Zuschauer durch kühle Atmosphäre und einen deutlichen Mangel an gefühlsbetonter Identifikation mit den Protagonisten so kalt lässt wie die peitschende Gicht des atlantischen Ozeans.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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