Interview mit Itchy Poopzkid (September 2005)

Das letzte Mal, als wir voneinander hörten, habt ihr gerade eure EP „…Having a Time!“ in Eigenregie veröffentlicht. Das ist jetzt etwa drei Jahre her. Was ist in der Zwischenzeit bei euch so alles passiert?

Eigentlich eine ganze Menge. Ein Jahr später haben wir noch ein Live-Album in Eigenregie herausgebracht und drei eigene Touren durch ganz Deutschland/Österreich und die Schweiz vom Sockel gerissen. Insgesamt haben wir jetzt ca. schon 240 Konzerte im Rücken, was wir nie für möglich gehalten hätten, wenn wir darüber mal nachdenken.

Wenn wir dann mal Zuhause waren, haben wir natürlich geprobt und neue Songs geschrieben. Ende 2004 haben wir uns dann endlich in verschiedene Studios gesperrt und haben da drei Monate lang 15 Lieder aufgenommen, die man jetzt bald auf unserem ersten „richtigen“ Album hören kann.

Passend dazu haben wir vor kurzem einen Deal bei „Where Are My Records“ unterschrieben, was für uns unglaublich wichtig war, da uns dadurch viele neue Tore offen stehen und die Scheibe ab dem 7. Oktober in wirklich allen Plattenläden in D/A/CH erhältlich sein wird.

Euren Schulabschluss dürftet ihr ja nun in der Tasche haben, wenn ich Euren Song „21 Years“ richtig interpretiere. Wie ist es gelaufen? Kann die große Karriere kommen oder habt ihr Punkrock-like richtig versagt?

Also einen Schulabschluss haben wir tatsächlich alle hinbekommen. Allerdings sind die zum Teil so schlecht, dass wir uns lieber gleich ganz aufs Musikmachen konzentriert haben. Das war für uns sowieso immer klar, dass wir nichts anderes machen wollen, was, wenn man mal logisch und realistisch denkt, total wahnsinnig und dumm ist.

Wir haben aber eben wirklich absolut keine Lust, uns jeden Tag acht Stunden mit irgendeiner Arbeit abzunerven, die uns keinen Spaß macht. Im Moment halten wir uns eben mit Kurzzeitjobs über Wasser, wenn das Geld mal ausgeht. Wir wollen da wirklich konsequent sein und kennen so viele Bands, die sich irgendwann aufgelöst haben, weil neben der Arbeit oder dem Studium keine Zeit mehr zum Krachmachen war.

Die Band ist eigentlich das Einzige, was wir haben, in dem Sinne.

Nach etwa vier Jahren Bandgeschichte ist „Heart to Believe“ euer Debütalbum. Stammen die Songs darauf aus eurer ganzen Zeit oder sind die darauf enthaltenen Songs alle relativ neu?

Die meisten Songs auf „Heart to Believe“ sind neu. Es sind aber auch zwei, drei Lieder drauf, die wir auch schon des öfteren von der Bühne geholzt haben. Uns war sehr wichtig, kein 08/15-Album zu machen, sondern es sollte abwechslungsreich und einfach „gut“ werden, was uns, unserer Meinung nach auch gelungen ist.

Wir sind jedenfalls sehr glücklich damit und können es kaum erwarten, damit endlich auf Tour gehen zu können.

Wie habt ihr musikalisch verändert?

Wenn man sich „Having a Time“ anhört, ist die EP viel glatter, billiger und poppiger produziert, die Songs sind längst nicht so ausgereift und die Texte, die damals eben totale „Fun-Punk“-Attitüde hatten, haben sich auch ziemlich verändert.

Die Leute, die das Album schon hören durften, waren auch ziemlich positiv überrascht, dass es eben „erwachsener“ klingt, auch wenn das mit Sicherheit ein sackblödes Wort ist. Früher wurden wir auch ständig mit BLINK-182 und so verglichen, was man nach Erscheinen des Albums sicher auch nicht mehr machen kann.

Wir wollen uns da auch überhaupt nicht einschränken lassen. Wenn wir Bock haben, einen Song mit Metal-Riff zu machen, oder eine totale Swing-Nummer, dann machen wir das.

Ihr habt ja jetzt schon mit einer ganzen Menge großer Bands die Bühne geteilt. Schaut man sich als „kleinere“ Band da schon mal was ab oder versucht ihr immer, euer Ding durchzuziehen?

Klar ist das für uns der Wahnsinn, wenn wir mit Bands wie ANTI-FLAG, BOYSETSFIRE oder DONOTS die Bühne teilen dürfen und natürlich gibt’s da auch immer Kleinigkeiten, die man sich abschaut.

Im Moment sind wir grade zusammen mit den EMIL BULLS auf Tour und da stellen wir eigentlich ständig dumme Fragen. Es ist aber nicht so, dass wir bei irgendeiner Band denken „Wow…wir müssen genauso sein wie die!“.

Mit E.S.P. Entertainment habt ihr nun professionelle Hilfe für Promo-Arbeit an der Hand und das Management wird auch von anderen übernommen. Ist es für euch viel angenehmer, sich nun auf das Wesentliche, sprich die Musik, zu konzentrieren?

Es ist für uns wirklich krass, wie viele Leute da mittlerweile mit und für uns arbeiten. Da ist echt schon eine richtige Mannschaft zusammengewachsen, in der jeder unterschiedliche Aufgaben hat. Durch das Label und auch E.S.P Entertainment wird jetzt natürlich einiges einfacher, weil die einfach fähig sind und vor allem die Kontakte dazu haben, Hebel in Bewegung zu setzen, von denen wir bisher nicht mal wussten, dass es sie gibt.

Für uns selbst ist die „Arbeit“, wenn man das überhaupt so nennen kann, aber nicht weniger, sondern eher noch mehr geworden, was wir aber auch als positives Zeichen sehen. Für das eigentliche Musikmachen bleibt aber immer noch Zeit. Wenn das nicht so wäre, würde wohl irgendwas schief laufen.

Inwieweit kam der Kontakt zu unterstützenden Menschen und auch zu Sony/BMG zustande?

Wir haben denen immer wieder mal, wenn wir neue Aufnahmen hatten, was zugeschickt und die haben, wie die meisten anderen Labels eben so typisch mit „Ganz interessant, meldet euch, wenn ihr wieder was neues habt!“ geantwortet. Wir haben dann irgendwann festgestellt, dass es sinnlos ist, ständig drei bis vier Songs zu verschicken. Also haben wir alles auf eine Karte gesetzt, uns wirklich horrend verschuldet und auf eigene Kappe und eigene Kosten das Album aufgenommen.

Die fanden das dann diesmal mehr als nur gut, haben uns in der Tat dann live angeguckt und wir sind jetzt wirklich sehr froh, bei „Where Are My – Records“ untergekommen zu sein, weil die zum einen bisher einen wirklich guten Job machen und uns zum anderen nicht verbiegen, oder in ein Schema drücken wollen.

In weniger als einer Woche sind Wahlen. Wie empfindet ihr die ganzen Wahlabende im TV? Seid ihr interessiert an dem, was zurzeit abgeht oder gebt ihr nicht so viel auf politische Diskussionen?

Natürlich haben wir auch eine politische Meinung. Schließlich geht das ja jeden was an und unserer Meinung nach hat auch jeder eine große Verantwortung und sollte unbedingt wählen gehen. Und die Wahlabende schauen wir uns natürlich auch an. Wobei die leider Gottes eher zum Lachen sind und nicht wirklich Neues bieten.

Viele deutsche Bands, die aus kleineren Städten stammen, sind mit der Zeit in die Metropole Berlin umgezogen (EVEREST, EL*KE u.v.m.). Habt ihr auch schon einmal darüber gesprochen, Eislingen an der Fils den Rücken zu kehren und den Gang in die Großstadt anzutreten?

Eigentlich nicht. Eislingen an der Fils ist zwar schrecklich langweilig, aber da wir eh ständig unterwegs sind und in allen Groß- und Kleinstädten spielen, vermissen wir eigentlich nichts. Keine Ahnung, ob sich das mal ändern wird, aber im Moment ist das auf alle Fälle okay so.

Aber wahrscheinlich wird eh in nächster Zukunft Eislingen an der Fils DIE Musikweltmetropole. Ihr müsst nämlich wissen, dass aus Eislingen auch die beiden Punkrockhelden SEASICK PIRATES und NOT AVAILABLE kommen!

Zurzeit seid ihr auf großer Tour durch Deutschland. Hat sich durch die ganzen Leute im Hintergrund für euch schon etwas geändert?

Eher weniger. Wir hatten schon seit unserer ersten Tour unseren Mischer Thimo und jemanden dabei, der sich um das Merchandise kümmert. Das ist auch total wichtig, weil „auf Tour sein“ eben doch mehr ist als nur Konzerte spielen. Die Leute, die da mit uns unterwegs sind, sind aber auch dicke Kumpels von uns und hängen sich wirklich rein, damit alles so gut wie möglich läuft.

Wir sind unendlich froh, so tolle Leute gefunden zu haben, die sich nicht zu schade sind, mit uns im Bus rumzufahren. Auf dieser Tour sind wir jetzt zum ersten Mal mit einem Nightliner auf Achse, was so ziemlich der Wahnsinn ist, aber auch nur an der Tatsache liegt, dass wir Support der EMIL BULLS sind.

Auf unserer nächsten, eigenen Tour im Herbst/Winter geht’s dann wieder mit einem Kleinbus auf die Straße. Ist aber auch nicht so wichtig. Hauptsache wir fahren…

Wie waren die bisherigen Resonanzen auf euch und euer Wirken?

Also größtenteils sind wir immer recht gut angekommen. Das kommt ja auch immer drauf an, wo du spielst. Klar gab es auch schon Konzerte, wo einfach alle regungslos dastanden oder uns am liebsten mit Wurfgeschossen beworfen hätten. Das ist dann aber auch immer ziemlich lustig für uns.

Die allerwitzigsten Konzerte sind meistens die, bei denen fast gar kein Publikum da ist, was ja in der Vergangenheit auch schon vorkam. Auf der Tour mit den EMIL BULLS kommen wir bis jetzt überraschend super an, was uns total freut.

Was kommt noch in den kommenden Monaten außer Touren und einer Menge Promo-Arbeit auf euch zu?

Gar nichts. Es ist in der Tat so, dass wir die nächsten paar Monate außer Konzerte spielen und Interviews geben nicht viel machen werden. Klar haben wir immer noch einige anderen Dinge zu tun, die einfach immer gemacht werden müssen, was uns aber nicht stört, weil wir ja wissen, wofür wir das Ganze machen.

Am 7. Oktober kommt unser Album dann in die Läden, das man jetzt übrigens schon über Amazon vorbestellen kann. Passend dazu gibt es am gleichen Tag unsere große Release-Party im Karlsruher „Substage“ und danach werden weitere Konzerte gespielt und eine kleine Promo-Tour zu einigen Radiosendern ist auch in Planung.

Ich danke auf jeden Fall schon mal für das Interview und für die nähere Zukunft alles Gute!

Das ist ja nett! Danke, dir auch!

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