Es fällt merklich schwer, über die neue Platte von IN OTHER CLIMES zu sprechen, ohne das Cover zu erwähnen. Nein, nicht den schwarzen Pappschuber, der mit orangefarbenem „R“ den Titel „Ruthless“ andeutet. Die Rede ist von der Nahaufnahme eines Gesichts unter einer Plastiktüte, dessen angeflanschter Körper im Todeskampf mit einem Seil gewürgt wird.
Betagteren Gamern steigt dabei vermutlich der Konsolen-Klassiker „Manhunt“ in den Sinn. Andere erachten das Motiv – mit einiger Berechtigung – als Geschmacklos. Und doch: es passt zur Platte. Denn die im internationalen Metal-Hardcore längst etablierten Franzosen entfesseln über die Dauer von 13 Tracks ein Infernal, das beständig – sinnbildlich und real – Öl ins lodernde Feuer gießt, an dem sich der tobende Mob vor den Konzertbühnen entfacht.
Der einleitende Titeltrack erschallt buchstäblich im Stile einer Alarmsirene. Dazu (und danach) entfesselt das Quintett eine Serie musikalischer Ohrlaschen, bei der kein Kompromiss erwägt wird und keine Nase heile bleibt. Selbst Breakdowns und metallisch melodische Nuancen, wie etwa „Mirror“ oder „Hell“ zeigen, bedeuten keine echte Entlastung. Das Tempo bleibt durchweg auf Dampfwalze gepolt, Verschnaufpausen gewähren IN OTHER CLIMES keine. Das prädestiniert ihr Album mitnichten zur Beschallung jedweder Lebenssituation. Aber die Metapher des kreativen Aggressionsventils passte selten treffender als hier.
„Ruthless“ ist, wie es der Titel glasklar prophezeit, erbarmungslos geschmetterte Mucke zum Schädel spalten. Polarisieren werden ihre Urheber trotzdem nicht. Dafür entwickelt die hochklassig produzierte Scheibe schlicht zu viel Nachdruck. Selbst wenn man am Ende nicht so recht weiß, was einem da gerade die Gehörgänge geglättet hat, ein starkes Stück klanglicher Extreme überkommt den Hörer zweifelfrei. Das kalkuliert anstößige Cover ist da kaum mehr als ein Mittel zum effektiven Zweck.
Wertung: (7,5 / 10)