Guns N‘ Roses – Use Your Illusion II (1991, Geffen)

Wie der Erstling, so die Fortsetzung: Auch bei „Use Your Illusion II“ konnten (und können) GUNS N‘ ROSES kaum den Eindruck entkräften, dass ein auf die stabilen Hits zusammengeschrumpftes Einzelalbum den Vorzug vor der Doppel-Veröffentlichung hätte erhalten müssen. Zwar gibt es mit dem atmosphärisch dichten (und obendrein kritischen) Eröffnungsstück „Civil War“ (das noch mit dem ob seiner Drogensucht gefeuerten Ex-Drummer Steven Adler aufgenommen wurde), dem Bob-Dylan-Cover „Knockin‘ On Heaven’s Door“, der markigen Kritiker-Schelte „Get in the Ring“ oder „You Could Be Mine“, jenem Beitrag zum Blockbuster „Terminator 2“ (1991), wieder hochkarätige Rock-Beschallung zu erleben. Nur mangelt es dem zweiten Part genauso an qualitativer Konsistenz wie dem Vorgänger.

Das soll mitnichten bedeuten, „Use Your Illusion II“ wäre mehrheitlich misslungen. Aber gerade im direkten Vergleich zum rotzigen Debütalbum, „Appetite for Destruction“ (1987), fehlt es auch diesen 14 Beiträgen, unter denen sich eine alternativ getextete Version von „Don’t Cry“ findet, an gleichbleibender Begeisterungsfähigkeit. Wie beim am selben Tag veröffentlichten Vorgängerpart gilt es jedoch, die Vielseitigkeit herauszustellen. Bei GUNS N‘ ROSES wird nicht einfach wüst drauflosgerockt, sondern über Blues-Rock, Rock’n’Roll und andere Einflussgrößen der Blick über den Tellerrand vollzogen. Das führt beim von Gitarrist Izzy Stradlin (es sollte seine letzte Platte mit GUNS N‘ ROSES sein) gesungenen „14 Years“, dem ebenfalls als Single veröffentlichten „Yesterdays“, „Shotgun Blues“ oder „Pretty Tied Up“ zu weiteren Höhepunkten, denen jedoch mancher Lückenfüller (z. B. „Locomotive“ oder das finale „My World“) gegenübersteht.

Trotz des abermals großen, jedoch hinter den Erwartungen zurückbleibenden Erfolgs (beide „Use Your Illusion“ verkauften sich weltweit rund 24 Millionen Mal), blieb das Album bis zum Comeback-Werk „Chinese Democracy“ (2008) die letzte Platte mit eigenem Song-Material; das eingeschobene „The Spaghetti Incident?“ (1993) besteht ausschließlich aus Cover-Versionen. Der 2012 vollzogenen Aufnahme in die „Rock’n’Roll Hall of Fame“ stand das alles nicht im Wege. Im Gegensatz zu internen Zwistigkeiten und Konflikten, die u. a. dazu führten, dass Sänger Axl Rose, der die Band seinerseits ohne die übrigen Gründungsmitglieder fortführte, der Ehrung fernblieb und mehr noch einen offenen Brief veröffentlichte, um seine Absage zu begründen. Aber das, wie so vieles in der turbulenten Historie der Musiker, ist eine andere Geschichte.  

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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