Ghost in the Shell (USA/GB/CN/HK/IND 2017)

„Collaborate with Hanka Robotics and be destroyed.“ – Kuze

Der Produktionsprozess der Manga-Realverfilmung „Ghost in the Shell“ wurde von hitzigen (Web-)Diskussionen überschattet. Warum musste die weibliche Hauptrolle ausgerechnet an Hollywood-Star Scarlett Johansson („Black Widow“) gehen und nicht an eine asiatische Darstellerin? Die Antwort erscheint aus kommerzieller Warte simpel: Erfolg braucht Starpower! Erst recht bei einem Thema, das nur auf den ersten Blick typisches Blockbuster-Futter verspricht. Denn wer die Comic-Vorlage von Masamune Shirow – oder die klassische Anime-Erstadaption (1995) – kennt, weiß um den philosophischen Subtext und die Frage danach, was das Individuum ausmacht. Nur lässt sich mit einer solchen Prämisse kein Millionenpublikum locken.

Gemessen an der momentweise detaillierten Vorlagentreue muss der von Regisseur Rupert Sanders („Snow White and the Huntsman“) realisierte Film zweifelsfrei als Wagnis eingestuft werden; wohlgemerkt eines ohne Happy End. Die international eingespielten 129 Millionen Dollar genügten nicht für das Erreichen der Gewinnzone. Aus Zielgruppenwarte mutet die Frage nach Erfolg oder Misserfolg einmal mehr sinnfrei an. Entscheidend ist, was auf die große Leinwand gebracht wurde. Und das ist vorrangig visuelle Erhabenheit. Die beginnt bei der Gestaltung der futuristischen Megalopolis, deren Stadtbild selbstredend Anklänge an „Blade Runner“ (1982) einbindet. Die Revolution der Zukunft ist allerdings Major Mira Killian (Johannsen), die erste Fusion von menschlichem Gehirn (Ghost) und künstlicher Hülle (Shell).

Für ihre Existenz ist der Konzern Hanka Robotics verantwortlich, der in einer sich wandelnden Welt, in der die Grenzen zwischen Mensch und Maschine allmählich verschwimmen, eine komplett neue Wesensform schafft. Mira ist Teil der Polizei-Spezialeinheit Section 8, die vom knurrigen Aramaki (spricht auch im Original nur Japanisch: Kult-Star Takeshi Kitano, „Outrage“) geleitet wird. Mit dem bulligen Batou (Pilou Asbæk, „Overlord“) geht sie einer Mordserie an Schlüsselpersonen des Hanka-Konzerns nach (darunter Michael Wincott, „Strange Days“), die mit Hilfe gehackter Roboter verübt wird. Als deren Drahtzieher entpuppt sich Kuze (Michael Pitt, „Funny Games“), der Mira Einblicke in die durchtriebenen Machenschaften von Hanka-Vorstand Cutter (Peter Ferdinando, „King Arthur“) eröffnet und so versucht, sie auf seine Seite zu ziehen.

Die Konfrontation mit Kuze und aufblitzende Erinnerungsfragmente lassen Mira mit Unterstützung ihrer Schöpferin Dr. Oulet (Juliette Binoche, „Certified Copy“) nach ihrer eigenen Herkunft (und Identität) forschen. Dabei geht die Real-Adaption weiter als Mamoru Oshiis Anime-Erstverfilmung, verschleppt über die sinnhafte Ergänzung aber selbstredend das Tempo. Mit rund 105 Minuten wird die u. a. von Ehren Kruger („Top Gun: Maverick“) ersonnene Geschichte entgegen des Trends erfreulich geschwind abgehandelt. Allerdings führt das, gerade ob des Zwangs kinetischer (Action-)Schauwerte – als Highlight entpuppt sich das Robo-Geisha-Attentat im Teehaus – zu einer weitgehend oberflächlichen Abhandlung der philosophischen Anklänge. Damit lebt „Ghost in the Shell“ von den starken Bildern, lässt unter der makellosen Hülle aber jene Seele vermissen, die Hauptfigur Mira so einzigartig macht.

Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

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